Die Lebensfrohen

Wenn der Regenbogen eine Stadt wäre

Um von Südafrika nach Argentinien zu kommen, muss man einen recht komplizierten Weg einschlagen, denn es gibt keinen einzigen Direktflug. Um von Afrika nach Südamerika zu gelangen, muss man einen Umweg über Europa in Kauf nehmen. Etwas lächerlich, wenn man sich die Weltkarte anschaut, hat aber wahrscheinlich etwas mit den Winden zu tun (so richtig haben wir das aber nicht rausgefunden). Unser Flug ging also von Kapstadt über Istanbul mit einem kurzen Zwischenstopp in Sao Paulo nach Buenos Aires. Hört sich lang an, ist es auch. Und bei 32 Stunden Reisezeit haben wir uns mal etwas gegönnt und sind Business Class geflogen. Obwohl es natürlich teurer war – leider mussten wir diesen Flug “bar” bezahlen, also konnten keine Meilen dafür einsetzen – hat es sich gelohnt. Man wurde fast pausenlos mit gutem Essen vollgestopft, das Glas war nie leer (außer als ihnen der Champagner ausging und nein, nicht nur durch uns 😜) und durch den Sitz, den man in eine Liegefläche verwandeln konnte, haben wir sogar ein paar Stunden Schlaf bekommen.

Dennoch zerknautscht (es war dann schließlich doch ein Flug) sind wir kurz vor Mitternacht endlich in Buenos Aires angekommen. Und gleich sind wir auf ein Problem gestoßen, dass uns die ganze Zeit in Südamerika begleiten wird: die Sprachbarriere. Kaum einer spricht Englisch und leider hatten weder Christoph noch ich Spanisch in der Schule. Als uns das Ausmaß dieses Problems klar wurde (wenn wir sagen, es spricht keiner Englisch meinen wir wirklich jeden, außer natürlich die Tourguides), habe ich mit Duolingo gleich angefangen Spanisch zu lernen. Denn es betrifft natürlich auch das alltägliche Leben, wie Taxifahrern zu erklären, wo man hin will (unser erstes Problem), Speisekarten zu lesen oder ein bestimmtes Produkt im Supermarkt zu finden. Und obwohl man sich dank der neuesten Technik und mit Händen und Füßen einigermaßen verständigen kann, ist es doch sinnvoll, wenigstens einige alltägliche Wörter zu lernen. Denn um ehrlich zu sein, kommen dir die Leute auf diesem Kontinent nicht besonders entgegen, wenn sie wissen, dass du sie nicht verstehst. Im Gegenteil, sie lassen dich etwas auflaufen, bis du fast geneigt bist, sie in deiner Muttersprache anzubrüllen. Allerdings würde das ja auch nichts bringen. *Seufz*

Irgendwie haben wir es dennoch geschafft, heil in unserem Apartment anzukommen. Dieses war sehr nett und zum Glück mit einer Klimaanlage ausgestattet. Hier sehr wichtig, denn es war mit durchschnittlich 34°C noch heißer als in Afrika. Die Wohnung lag in einer sehr schönen und stillen Gegend, nicht weit von der Av. 9 de Julio entfernt. Der breitesten Allee der Welt mit 140 Metern, auf der man auch den bekannten Obelisk findet. Ein richtiger Hotspot für alle Touristen durch die riesigen Büsche, die in einem B und A geformt wurden und direkt vor dem doch recht schlichten Obelisken stehen. 

Apropos Straßenverkehr: Hier haben wir zum ersten Mal auch die Straßenordnung, die in den meisten südamerikanischen Ländern vorherrscht, kennengelernt. Es gibt sehr viele Einbahnstraßen und besonders für Fußgänger kann die Ampelanordnung etwas verwirrend sein, denn oft gibt es bei einer Kreuzung nur auf einer Seite eine Ampel, daher achten die Einheimischen eher auf die Ampeln, die für die Autos bestimmt sind. Viele Straßen in Buenos Aires wurden nach anderen Städten und Ländern benannt, daher findet man sich besonders im Zentrum als Tourist sehr gut zurecht und kann sogar notfalls mal nachfragen, ohne irgendeinen unaussprechlichen Namen verwenden zu müssen.

Unsere erste Tour führte uns durch die Bezirke Montserrat und Recoleta. Das Zentrum und die wohlhabendste Gegend von Buenos Aires. Hier dominieren kleine Straßen mit alten Gebäuden und es gibt viele Parks und Bäume, die die Stadt unglaublich grün und frisch erscheinen lassen. Viele Bäume standen in voller Blüte und ließen die Stadt noch romantischer wirken. Die Tour führte uns vom Teatro Colón über den Platz von General San Martín bis hin zum Friedhof La Recoleta, bekannt für seine Berühmtheiten, die dort begraben liegen. Viele prächtige Villen zieren den Weg, die wenigstens jedoch heutzutage noch im Privatbesitz. Dafür sind sie in einem sehr gut erhaltenen Zustand und wunderschön anzusehen. Direkt neben dem Friedhof steht eine Kirche, im klassischen spanischen Stil, wie man sie aus den Westernfilmen kennt. Gegenüber steht der älteste Baum von Buenos Aires, ein Gummibaum, der 1791 dort gepflanzt wurde und dessen Verwandte man in der ganzen Stadt finden kann. Die Äste dieses Baumes sind so lang und schwer, dass sie schon, auch von einer Statue, gestützt werden müssen. In der Nähe befindet sich das Kunstmuseum und die Sonnenblume, eine riesige Metallblume, die sich dank Sonnenreflektoren bei Sonnenschein öffnet und zu der Sonne hin ausrichtet. Leider haben wir sie an einem der wenigen Regentage und somit nur geschlossen gesehen. Auf der anderen Seite der breiten Straße befindet sich ein riesiger Platz mit der (wie sollte es auch anders sein) “Casa Rosada”, dem Präsidentenpalast. Ein riesiger Palast in einer etwas gewöhnungsbedürftigen Farbe, der laut eigenen Aussagen nicht wirklich beliebt bei der Bevölkerung ist. Das Gebäude für den Nationalkongress lässt sich hingegen sehen und beeindruckt nicht nur seine Größe, sondern auch den schönen Stil.

Aber um eine Stadt wirklich einschätzen zu können, muss man natürlich mehr gesehen haben. Eine andere Tour führte uns durch den Bezirk Barracas, ein im Westen gelegener Bezirk, der gerade vom Arbeiterviertel zur Hipster-Gegend aufsteigt, besonders bekannt für seine Street Art. Eine tolle Führung, die uns das Viertel, seine Geschichte und seine Bewohner wirklich näher brachte. Einige Geistergeschichten und Stadtlegenden ließen unsere Herzen für dieses Stadtviertel höher schlagen, wobei im Zentrum die St. Felicitas Kirche steht. Ein wunderschönes, aber leider etwas verfallenes, nicht von der katholischen Kirche anerkanntes Gebäude, dessen Hintergrundgeschichte jeden Zuhörer fesselt. Ein besonderes Juwel, das unser Guide zeigte und von den meisten Touristen noch unentdeckt ist, war die Calle Lanín. In dieser kleinen, ruhigen Straße lebt ein Künstler, der zuerst sein Haus und dann die anderen Häuser der Straße bunt und mit Mosaiksteinen verschönert hat. Ein richtiger Geheimtipp für alle Fotografen und Instagramer. 

Die Touren und unsere eigenständigen Streifzüge durch die Stadt haben eines bestätigt: es ist die Regenbogenstadt. So viele Kulturen und Nationalität treffen hier aufeinander und es scheint keinen zu stören. Die jüdische Gemeinde ist hier so groß, dass es den einzigen koscheren McDonald’s außerhalb Israels gibt. Die Großeltern unseres einen Tourguides stammen aus Polen und auch die indische Gemeinde mit einem Hindutempel darf nicht fehlen. Es herrscht ein lebendiges Treiben in den Straßen, außer in der Mittagshitze und am Wochenende, denn diese 3 Millionenstadt wächst nur von Montags bis Freitags auf eine Bevölkerungszahl von über 13 Millionen an, wenn die Menschen aus der Umgebung zum Arbeiten in die Stadt kommen. 

Das wahre Highlight dieser Stadt ist jedoch die Architektur, es ist das Paradies auf Erden für alle Architekten, die besonders die älteren Stile bevorzugen. Man sieht viele europäische Stile, Französisch, Italienisch, Niederländisch, Klassizismus. Aber was den besonderen Charme ausmacht, ist der Mix aus allem. Hier reihen sich riesige Gebäude im französischen Stil an kleine Hütten im holländischen Stil, um als nächstes von einem modernen Hochhaus überschattet zu werden. Und auch wenn das etwas komisch klingt, passt es doch alles zusammen und es entwickelt sich zu einem harmonischen Stadtbild. Man kann den ganzen Tag umher laufen und sich nur die Architektur der Stadt anschauen, um sich am Ende immer noch nicht daran satt gesehen zu haben. 

 

Wenn wir über Buenos Aires sprechen, darf das Essen natürlich nicht fehlen. Wer hätte gedacht, dass die größte Anzahl von Einwanderern nicht aus Spanien, sondern aus Italien stammt. Das erklärt aber die Beliebtheit und Anzahl von Pizza und Pasta. Bei Pizza können wir nicht Nein sagen und so mussten wir mindestens einmal bei der Pizzeria Güerrin essen, der ältesten Pizzeria von Buenos Aires aus dem Jahre 1932. Die ist bei Einheimischen genauso beliebt wie bei Touristen und daher immer sehr voll. Zum Glück essen die Südamerikaner recht spät und so kann man noch einen Tisch bekommen, wenn man vor 19 Uhr da ist. Sie haben nicht nur die klassische italienische Pizza mit dünnem Boden, sondern auch eine mit einem dickeren Boden und sehr viel Käse obendrauf. So lecker, dass wir sie uns am nächsten Tag noch einmal gekauft haben! Wenn wir von Italien sprechen, dürfen wir auch nicht das Eis vergessen. Auch hier haben die Italiener gute Arbeit geleistet und haben richtig leckeres Eis in die neue Welt gebracht. 

Wenn man Argentinien hört, denkt man (naja jedenfalls wir) an zwei Dinge: Rotwein und Rindersteak! Bei Rotwein aus dem Supermarkt kann man leider nur raten und dabei Pech haben. Daher haben wir zweimal ziemlich trockene und säuerliche Weine abbekommen. Der dritte war aber ein Treffer und bei den Weinen in den Restaurants hatten wir auch Glück. Die Auswahl, wo man Steak isst, ist in Buenos Aires natürlich recht groß, aber Christoph hat so seine Quellen und wir sind daher zu einem sehr ” typischen Parrilla” gegangen. Das Fleisch war zart, die Portionen groß, die Pommes mit Knoblauch und der Preis war günstig – alles in allem perfekt! Und warum ist der Preis so günstig? Zum einen natürlich, weil es einheimische Produkte und keine importierten sind und weil die Währung für Ausländer gut steht. Ein bisschen unfair, wenn man gründlicher darüber nachdenkt, aber wenn man mit einer ausländischen Karte zahlt, bekommt man einen günstigeren Wechselkurs. 

Wir dürfen hier auch nicht die Erwähnung von unserem neuen Lieblingssnack missen, den Empanadas. Diese absolut leckeren, “dreieckigen” Köstlichkeiten kommen mit verschiedenen Füllungen (vegetarisch oder mit Fleisch), man kann sie kalt oder warm essen (wir bevorzugen warm), als Snack oder Hauptspeise. Egal, wir sind besessen! Aber Achtung, bei jedem Stand sind das Rezept und der Preis etwas anders. Gut sind sie zwar immer, aber es gibt auch welche, die besser sind als andere. Wovon wir abraten können, ist der berühmte Mate-Tee. Dieser aus verschiedenen Kräutern bestehende Tee ist nichts für schwache Nerven, selbst mit viel (!) Zucker ist er so bitter, dass er nur schwer zu ertragen ist (und wir sind gestandene Teetrinker). Naja, vielleicht haben wir auch das falsche Kaffee erwischt, denn eigentlich machen die Argentinier ihren eigenen Mate zuhause und teilen sich ihn in großer Runde. 

Wir haben zwar nur die Hauptstadt von Argentinien gesehen, aber Buenos Aires hat uns verzaubert und wir wollen auf jeden Fall noch einmal wiederkommen. Auch wenn es nur zum Essen ist 😋

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