Die Lebensfrohen

Das Herz vom historischen Südamerika

Nach einer weiteren Nachtfahrt kamen wir im Morgengrauen in Cusco an. Obwohl Cusco “ganze” 400 m tiefer liegt als Puno, hatten wir auch weiterhin mit der Höhenkrankheit zu kämpfen. Zu Christophs Freude und meiner Erleichterung bot unser Hotel Coca-Blätter für Tee gratis an und die sollten noch genügend zum Einsatz kommen. Unser Hotel lag direkt im Zentrum, doch um zum Hauptplatz zu kommen, musste man eine kleine Steigung gehen. Bei einer Stadt auf Meeresspiegelhöhe wäre das nicht mal ein Hügel gewesen, doch hier kostete uns der Weg von 10 Minuten einige Schweißtropfen, Schnappatmung und eine enorme Erleichterung, als wir endlich “oben” waren.

Cusco ist eine der ältesten Städte von Südamerika und die ehemalige Hauptstadt des Inkareiches. Viele glauben, dass Machu Picchu das Zentrum der Inkas war, doch in Wirklichkeit war es nur eine kleine Siedlung und in Cusco lebten die Könige. Doch genau ist leider auch der Grund, warum man von dem ursprünglichen Cusco heutzutage fast nichts mehr sieht. Als die Spanier die Inkas unterworfen hatten, wurden die ursprünglichen Gebäude dem Erdboden gleichgemacht und die Spanier errichteten ihre Gebäude stattdessen. “Zum Glück” errichteten sie ihre wichtigen Gebäude genau dort, wo vorher wichtige Gebäude und Paläste standen, daher blieb der Grundriss der Stadt fast der Gleiche. In jüngster Zeit graben Archäologen auch innerhalb der Stadtmauern und finden immer wieder Inkaschätze. Diese Grabungsstätten kann man sich kostenlos anschauen, man muss nur etwas suchen, da sie meistens versteckt in Hinterhöfen liegen. Bei einer kann man sogar eine Mumie bestaunen.

Heute kann man die historischen Gebäude der Spanier bewundern, die architektonisch ihren ganz eigenen Charme haben. Besonders hat es uns der Hauptplatz angetan, umrandet von der Kathedrale von Cusco, der Kirche der Jesuitengesellschaft und den ehemaligen Fürstenpalästen der spanischen Führer. Das ist schon ein Anblick an sich, doch die Berge im Hintergrund, sodass man noch einen Teil der Stadt an den Hängen sieht, macht das Bild schon fast unwirklich. Das eigentliche (kleine) Highlight des Platzes ist jedoch die Statue, die mittendrin steht. Diese ist dem neunten Inkaherrscher Pachacútec Yupanqui gewidmet, einer der berühmtesten Könige der Inkas. Die goldene Statue auf einem Brunnen ist nicht nur beeindruckend groß, sondern strahlt auch Würde und Macht aus, sodass man plötzlich an die Glanzzeiten der Inkakultur erinnert wird.

Aber Cusco als Stadt hat noch mehr zu bieten. Plaza Kusipata, Basilica Menor de la Merced oder Qurikancha (die Ruinen eines Inkatempels) sind nur einige der zahlreichen Dinge, die man sich in Cusco anschauen kann. Hier lebt wirklich die Geschichte und zwar sowohl die der Inka, als auch die der Spanier aus dieser Zeit und wie diese beiden Völker sich im Laufe der Zeit miteinander vermischen. Die Markthalle San Pedro ist nicht nur für Touristen ein Anlaufpunkt, denn dort findet man alles, was das Herz begehrt. Souvenire (wie ein Poncho), leckere Imbisse, Kräuter, Säfte oder auch die berühmte Schokolade von Peru (die wirklich sehr gut war). Doch auch wenn es hier schon einige kulinarische Einblicke gibt, das, was wir eigentlich probieren wollten, gibt es nur in Restaurants: Meerschweinchen. Ja, ich muss zugeben, dass auch ich es zumindest einmal probieren wollte, die Verlockung war zu groß. Da ich selbst einmal Meerschweinchen als Haustiere hatte, fiel mir diese Entscheidung nicht leicht und ich habe wirklich mit mir gerungen, doch wann bekommt man sonst die Gelegenheit so etwas zu probieren. Die Meerschweinchen hier werden extra dafür gezüchtet, denn über 60 Millionen Meerschweinchen werden pro Jahr in Peru verzehrt. Es ist hier ein absolut traditionelles und alt bewährtes Essen. Das Meerschweinchen kann unterschiedlich zubereitet werden, aber am häufigsten (besonders für Touristen) wird es im Ganzen gebraten und mit Kartoffeln und einer Salsa serviert. Ich weiß nicht, ob wir in das falsche Restaurant gegangen sind, aber uns hat es nicht geschmeckt. Der Geschmack war ungewöhnlich und doch eher fischig, also etwas, was man eher liegen lässt. Aber jetzt haben wir es zumindest einmal probiert.

Aber warum reist man eigentlich nach Cusco? Richtig, um sich Machu Picchu anzuschauen! Dieses UNESCO-Welterbe stand auch bei mir auf der Bucket-Liste und so war unser Ziel klar. Doch bevor man sich auf den Weg macht, sollte man einige Dinge beachten. Im Zuge der Unruhen im Land wurde auch der Machu Picchu für Besucher am Anfang des Jahres gesperrt, einige Wochen später wurde er wieder für einige Tage gesperrt, da eine Schlammlawine den Weg unbefahrbar machte und der starke Andrang von Touristen führt auch immer wieder zu Sperrungen. Also sollte man sich immer über die aktuelle Lage vor Ort informieren, bevor man dorthin reist. Manche Sachen muss man einfach im Voraus buchen und so auch den Ausflug zum Machu Picchu, denn die Tickets sind auf eine bestimmte Anzahl pro Tag beschränkt und spontan bekommt man eigentlich überhaupt keinen Einlass mehr.

Die nächste Frage ist, wie man dorthin kommt, denn wer denkt, dass Machu Picchu direkt in Cusco oder nur einen Steinwurf davon entfernt liegt, irrt sich gewaltig. Zuerst fährt man von der Buszentrale in Cusco mit dem Bus zur Bahnstation in Ollantaytambo. Ab hier kann man entweder den alten Inkapfad für 3 Tage abwandern (nur mit Führer erlaubt und außerdem wirklich nichts für Christoph und mich) oder mit dem Zug nach Aguas Calientes fahren. Der Zug hat große Fenster und in der “Business Class” hätte man sogar ein Glasdach, Essen und eine Unterhaltungsshow. Einziges Problem des Zuges: der Preis. Als einzige Zuggesellschaft, die den Weg von Cusco nach Machu Picchu abfährt, können sie Preise aufrufen, die schon die deutsche Bahn erblassen lassen. Wie wir aber gesehen haben, können sie das auch, denn der Zug vor unserem und auch unserer war komplett voll. Von Aguas Calientes fährt man wieder mit einem Bus den Berg hinauf. Insgesamt dauert allein die Anreise (allerdings mit Umsteigen) ca. 5 Stunden! Da hieß es für uns, um 4 Uhr morgens aufstehen. Wir haben uns für eine Reiseagentur entschieden, die uns bei diesem Ausflug hilft, da diese für uns alles vorbereitet, uns die Tickets beim Hotel hinterlegt, die uns direkt vom Hotel abholt und zum Bus bringt und uns auch schon einen Führer für Machu Picchu bereitstellt (die sind obligatorisch, ohne Reiseleiter darf man nicht rein).

Als wir also losfuhren, war es noch dunkel draußen, viel bekamen wir also nicht mit von der Busfahrt. Dafür konnten wir umso mehr die Bahnfahrt genießen. An grünen Feldern, einem reißenden Fluss und steinigen Hängen fliegt man nur so vorbei, sodass man denken könnte, man befindet sich in der Schweiz und nicht in Peru. Aguas Calientes (heißt übrigens “heißes Wasser”) ist natürlich ein absoluter Touristenort mit vielen Souvenirläden und Restaurants. Wir hatten leider keine Zeit uns es in Ruhe anzuschauen, aber viele Touristen bleiben hier ein oder zwei Tage, um es sich anzuschauen und die Umgebung zu genießen. Die Busse rauf zum Machu Picchu fuhren im 10 Minuten-Takt und waren jedes Mal voll besetzt. Man fährt eine halbe Stunde im Kreis ca. 2400 m hinauf, immer genau an einer Felswand, sodass man eine wunderschöne Aussicht genießen kann, während man eine Panikattacke verhindert. Heil angekommen, haben wir uns in einer kleinen Gruppe mit unserem Reiseleiter (dessen Englisch übrigens super war) auf den Weg gemacht und konnten schon nach ein paar Stufen und einer Biegung schon die volle Pracht von Machu Picchu genießen.

Der Anblick ist wirklich überwältigend! Man steht auf einer Anhöhe, blickt auf die Ruinen der Siedlung hinunter und im Hintergrund erheben sich die Bergspitzen. Die Natur und das Wetter kann man nicht beeinflussen und so kann es auch hier passieren, besonders ab diesen Höhenmetern, dass einem der Nebel die Aussicht verhagelt. Das passiert besonders vielen Wanderern vom Inkapfad, da diese bei Sonnenaufgang ankommen, zu dieser Uhrzeit aber meistens noch die Nebelschleier hängen. Wir hatten aber Glück und konnten Machu Picchu bei klarem Himmel und viel Sonnenschein genießen. Am Anfang war zwar einiges los, aber richtig überlaufen war es nicht, da wir erstens etwas außerhalb der Saison da waren und zweitens sich der Tourismus immer noch von Corona und dann den Unruhen im Land erholen musste. Wir hatten einen sehr geduldigen Reiseführer, der uns wahnsinnig viel Zeit ließ, damit wir Fotos machen konnten ohne die anderen Touristen im Hintergrund. Als wir fertig waren, erklärte er uns im Detail die Geschichte von Machu Picchu und deren Bewohner, während er uns durch die Ruinen führte. Seine Erzählungen waren spannend und ausführlich, sodass wir fast die Zeit vergessen hätten. Christoph und ich hatten noch Mittagessen gebucht im Hotel, das direkt neben dem Eingang von Machu Picchu erbaut wurde, da der Tag eh schon zeitlich knapp bemessen war. Durch unseren tollen Reiseleiter hätten wir aber fast auch das verpasst und so mussten wir etwas schlingen, um noch rechtzeitig den Bus und die Bahn und dann wieder den Bus zu erwischen. Um ca. 21 Uhr waren wir wieder im Hotel und obwohl der Tag wirklich lang war, sollte man diesen Ausflug auf keinen Fall verpassen. Es hat sich jede Sekunde gelohnt!

Als wir jedoch wieder in Cusco waren, schlug bei mir wieder die Höhenluft zu (Cusco liegt fast 1000 m höher als Machu Picchu). Mein Körper hatte sich anscheinend immer noch nicht an die dünne Luft hier oben gewöhnt und nach Christoph lag ich nun flach und verpasste einen Ausflug. Denn die Umgebung von Cusco hat mittlerweile mehr zu bieten als den Machu Picchu. Erst vor einigen Jahren wurde der sogenannte “Rainbow Mountain” von dem Tourismus entdeckt, aber am Besten berichtet nun Christoph selbst von dem Erlebnis:Wie immer habe ich mich über mein Ausflugsziel vorher informiert (ok, gelogen, dass macht normalerweise Lea 😂). Der Vinicunca, wie er im Peruanischen genannt wird, ist mit seinen 5100 m nicht zu verachten und verdankt seinem Spitznamen die wundersame Verfärbung. Witzigerweise wusste ich das vorher nicht, sondern wurde im Nachgang erst von Studienkollegen darauf hingewiesen, dass der Rainbow Mountain ein Hintergrundbildschirm bei Windows ist. Ich fand es amüsant und cool, dass wir (in dem Fall leider nur ich alleine) wieder ein Ort in Echt gesehen haben und die Schönheit live bewundern konnten und zum Glück nicht nur durch einen Computerbildschirm. Auf der anderen Seite kann man so aber seine Ziele besser visualisieren. Das ganze Thema Höhenluft/Höhenkrankheit habe ich als stolzer Österreicher anfangs nur belächelt oder auch unterschätzt, weil es offenbar doch einen Unterschied macht, ob man z.B. beim Skifahren nur wenige Minuten oben am Gipfel steht und wieder nach unten düst oder ob man, so wie wir hier in Peru, mehrere Stunden oder Tage auf Höhen lebt, die höher sind als der höchste Berg in Österreich, der Großglockner mit ca. 3800 Meter. Von Deutschlands “Berg”, die Zugspitze mit nicht mal 2000 Meter einmal abgesehen 😀 Aber auch im Umfeld mit den anderen höchsten Gipfeln in Europa wird es schnell einsam, denn nicht mal der Mount Blanc erreicht solche Höhen. 😯

Vorbereitung ist aus diesem Grund die halbe Miete und so füllte ich diverse Trinkflaschen mit Koka-Tee und nahm mir ein Sackerl voller Blätter zu dem Ausflug mit, für den ich schon sehr früh aufstehen musste, da der Berg um die 4 Stunden Fahrt von Cusco entfernt ist. Am Weg gab es als Stärkung zum Glück ein reichhaltiges Frühstück und auch den ersten Koka-Tee, der von unserem Guide noch einmal nachdrücklich empfohlen wurde. Weiter ging es zum Parkplatz und Aufstieg. Sollte man es selbst körperlich nicht schaffen oder eine bequeme Art vorziehen wollen, so hatte man die Möglichkeit auch bis fast zum Schluss von Eseln hoch transportiert zu werden. Den letzten Rest zum Gipfel, der dann auch etwas steiler ist, muss man immer gehen. Sonst allerdings ist es ein wirklich schöner Wanderweg, der stetig nach oben führt, aber nichts gravierendes. Wer mich kennt, weiß dass ich recht leicht mit Leuten ins Gespräch komme und so am Weg hin kam ich mit einem Amerikaner ins Gespräch, was den Aufstieg sehr viel angenehmer machte, da wir beide das gleiche Tempo gingen und uns nett unterhielten und falls man mal eine Pause brauchte oder mehr Luft holen musste, dann war das auch kein Problem. Die Aussicht lud sowieso zu einigen Pausen ein und dass, obwohl man noch gar nichts vom berühmten Regenbogen sah (das kommt dann erst am Schluss).

Dabei fand ich interessant, dass er mir erzählte, dass er schon den Kilimanjaro bestiegen hatte und dieser aber sehr viel leichter oder nicht so anstrengend gewesen sein soll. Auch, weil dort einem die Sherpas sehr zur Hand gehen und man diesen Luxus hier nicht hatte. Und auch, davon bin ich überzeugt, die Kokablätter in den Wangen geben einem auch mehr Kraft. Nicht übertrieben, sondern einfach wie ein guter Espresso oder eine Tasse Grüntee und wahrscheinlich hatte das Kauen auch etwas meditatives, was es beim Gehen und Atmen angenehmer machte. Am Weg kamen wir auch an vielen Händlern mit Krimskrams vorbei, an süßen Alpacas, mit denen ich auch ein cooles Foto aufgenommen habe, oder auch Pausenstationen. Bis zum Ende hin ging es konstant dahin, aber der letzte Aufstieg dauerte merklich länger und war fühlbar anstrengender. Das war es aber Wert! Der Ausblick, die Aussicht, wow! Die Farben kommen wirklich gut zur Geltung und das kann einem eigentlich kein Bildschirm so näherbringen. Nach dem Nummer 1 Fotospot ging es dann noch ein paar weniger Meter weiter, um dann wirklich den Gipfel erreicht zu haben. Ganz oben auf 5039 Meter – wirklich super! Am Gipfel verbrachte ich dann auch noch so eine halbe bis dreiviertel Stunde, bis wir wieder zum Parkplatz zurück mussten. Nach der getanen Arbeit gab’s vorher noch eine Belohnung: ein kühles Blondes. Wer schon kann behaupten, ein Bier auf über 5000 Meter getrunken zu haben? Wahrscheinlich die wenigsten. Ganz einfach auch deshalb weil es keine gute Idee ist 😀 Den Alkohol merkt man in dieser Höhenlage umso schneller und wie jeder denken kann, ist das nicht das Beste. Es ging trotzdem ohne Schwierigkeiten zurück zum Auto und gab dann noch köstliches Mittagessen, bevor es wieder zurück nach Cusco ging.

Cusco ist als Stadt schon an sich sehenswert. Mit seiner Geschichte und den malerischen Bergen rundherum lädt die Stadt zum Niederlassen und Entspannen ein. Hier gibt es viel zu sehen und Möglichkeiten, in eine der faszinierendsten Hochkulturen Südamerikas einzutauchen. Aber natürlich machen die umliegenden Highlights die Reise nach Cusco zu etwas Besonderem. Machu Picchu ist mehr als eine archäologische Ausgrabungsstätte, denn schon alleine auf dem Berggipfel zu stehen und die grüne Natur unter einem ausgebreitet, ist schon ein Wunder. Also, was kann man sagen, außer: Auf nach Cusco!

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