Die Lebensfrohen

Saigon Innenstadt

Ho Chi Minh-Stadt

- oder doch lieber Saigon?

Wer hätte gedacht, dass Vietnam so groß ist? Man fliegt doch tatsächlich ganze 2 Stunden vom Norden in die südliche Hauptstadt Ho Chi Minh. Und obwohl es noch das gleiche Land ist, ist diese Großstadt ganz anders als der Norden. Eine moderne Metropole mit Wolkenkratzern und klimatisierten Shopping-Malls. Andererseits ist die Mentalität und die gelassene Art der Menschen die gleiche. Ein wilder Mischmasch, an den man sich erst gewöhnen muss. 

Vom Flughafen in die Innenstadt ist es eigentlich eine kurze Strecke, allerdings dauert es gefühlt ewig, wenn man in einen überfüllten Minibus gequetscht wird, in dem die Klimaanlage nicht so gut funktioniert hat, wie sie sollte. Der Shuttlebus hat uns zwar in der Nähe unseres Apartments gebracht, aber wir mussten noch eine große Straße (über die schlechten Bedingungen, wenn man eine Straße überqueren möchte, habe ich mich ja schon ausführlich im “Hanoi”- Artikel über Vietnam geäußert) und eine Brücke kreuzen. Bei 35°C und mit vollem Gepäck eine Herkulesaufgabe. Endlich angekommen, standen wir vor dem nächsten Problem: Das Apartment, welches wir über Airbnb gebucht hatten, war eine Betrügerei! Shoutout zu Airbnb, die haben die Angelegenheit schnell geregelt und wir haben zum Glück unser Geld zurückbekommen. Wir hatten Glück im Unglück, denn wir haben echte Vermieter des Gebäudes getroffen und konnten spontan für den Zeitraum eine andere Wohnung buchen. Und hier haben wir zum ersten Mal gelernt, was es heißt, in einem modernen Apartmentkomplex in Südostasien zu leben – das Paradies. Eine kleine, gemütliche und klimatisierte Wohnung, zu der man fast alles liefern lassen kann (durch die Hitze will keiner rausgehen und so ist die Lieferkultur in diesem Teil der Welt stark ausgeprägt). Direkt gegenüber gibt es ein kleines Fitnessstudio und natürlich einen Pool. Alles zur kostenlosen Benutzung der Bewohner. Manche Apartmenthäuser haben auch einen Co-Working-Space, eine Dachterrasse, eine Waschküche, einen Grillplatz und einen kleinen Tante-Emma-Laden auf dem Gelände. Kurzum: Man müsste nie wieder rausgehen.

Sind wir aber natürlich, denn das echte Leben findet nun mal auf der Straße statt. Hier eine kleine Definitionserklärung: Ho Chi Minh-Stadt wird die gesamte Umgebung genannt, der Begriff Saigon wird nur noch für die Innenstadt genutzt. Zu Fuß haben wir also nur Saigon erkundet. Angefangen mit dem Bitexco Financial Tower, in dem sich ein schickes Restaurant und eine Aussichtsplattform befindet. Beides ist für unseren Geschmack und vietnamesische Verhältnisse überteuert, aber das muss jeder für sich selbst beurteilen. Weiter geht es zu Chinatown, das zwar recht klein ist, aber zu den ältesten Teilen der Stadt gehört. Hier werden die Häuser noch von Generation zu Generation übertragen. Außerdem gibt es einen tollen Markt, um frische Lebensmittel einzukaufen. 

Saigon Bitexco Financial Tower
Saigon Bitexco Financial Tower

Weiter geht es zur “Phố đi bộ Nguyễn Huệ”, einer langen Fußgängerzone, die am Haus des Volkskomitees und der Oper, beides Häuser im französischen Stil, endet. Eine schöne Allee mit Luxusgeschäften an der Seite, einem Springbrunnen in der Mitte und dem berühmten Rex-Hotel an der Ecke. Das Luxushotel mit der Krone, die sich dreht, ist für seine Pressekonferenzen auf der Dachterrasse zu Kriegszeiten bekannt geworden. Jeden Tag um 5 Uhr nachmittags haben sich hier die amerikanischen Reporter getroffen, getrunken und mussten sich dieselben Nachrichten wie gestern anhören, daher auch der Ausspruch “5 o’clock Follies”. Die Dachterrasse gibt es heute noch und bietet neben leckeren Cocktails auch einen tollen Ausblick über die beschäftigten Straßen von Saigon. 

Saigon Haus des Volkskomitees
Saigon Opernhaus
Saigon Rex Hotel Cocktails
Saigon “Phố đi bộ Nguyễn Huệ”

Wer sich für diese Geschichte interessiert, kann sich auch in der Nähe das Dach der “Landing Zone” anschauen. Hier wurde eines der berühmtesten Fotografien des Vietnamkrieges aufgenommen, auf dem gezeigt wird, wie die Amerikaner in einem Hubschrauber in den letzten Tagen des Krieges fliehen. Viel zu sehen ist da aber leider nicht mehr. Da sollte man seine Zeit lieber auf die Kathedrale Notre Dame von Saigon und dem alten Postamt verwenden. Zwei wunderschöne Gebäude aus dem späten 19. Jahrhundert, die man von außen, aber vor allen Dingen auch von innen bewundern sollte. 

Saigon Landing Zone
Saigon Landing Zone 1975
Saigon altes Postamt
Saigon altes Postamt

Nicht weit von dort findet man den Wiedervereinigungspalast, der heute ein Museum ist. Und zwei Straßen weiter befindet sich das Kriegsrestemuseum. Aber Achtung: Das ist eines der schrecklichsten Museen, die Christoph und ich je gesehen haben. Und zwar nicht im Sinne, dass es ein schlechtes Museum ist, sondern es zeigt ganz nüchtern und unverblümt die Tragödie des Vietnamkrieges. Und der war wirklich nicht ohne. Mit hauptsächlich Bildern, persönlichen Aussagen von Zeugen und einigen Artefakten wird eine so horrende Geschichte erzählt, dass man im besten Fall nur Gänsehaut bekommt und im schlimmsten Fall die Tränen nicht mehr zurückhalten kann. Ich denke, man sollte eine Warnung für Kinder aufstellen, denn so etwas sollte man zartbesaiteten Seelen nicht zumuten. Aus diesem Grund haben wir hier auch nicht viele Fotos oder Videos gemacht. Die Emotionen, die man hier erlebt, kann man nicht festhalten und müssen auch nicht verbreitet werden.

Saigon Wiedervereinigungspalast
Saigon Vietnam Krieg Museum
Saigon Vietnam Krieg Museum

Berühmt in Saigon ist natürlich der Ben-Thanh-Markt, eine riesige, unübersichtliche Markthalle, auf der man alles findet, was man möchte. Leider hatten wir dort auch ein paar unfreundliche Begegnungen, sodass das Shoppen dort nicht so viel Spaß gemacht hat. Außerdem waren die Preise fast so hoch wie bei uns, also ob man unbedingt dort seine Souvenirs kaufen muss, weiß ich nicht so recht. Es gibt natürlich noch andere Einkaufsmöglichkeiten, wie das Takashimaya-Einkaufszentrum, den Sài Gòn Square oder einer der anderen unzähligen Malls oder Einkaufsstraßen. An Möglichkeiten einkaufen zu gehen, fehlt es hier wahrlich nicht. 

Saigon Ben-Thanh-Markt
Saigon Innenstadt

Wer es genießt in der Hitze spazieren zu gehen (ja, so verrückt waren wir und ich sage euch, cremt euch bloß ein!), sollte einen Abstecher in den Norden von Saigon machen. An den Nebenflüssen des Saigon-Fluss kann man in Ruhe entlang schlendern und in der Nähe zum Beispiel den Vinh Nghiem-Tempel oder die pinke Tan Dinh-Kirche bewundern. Und zur Erfrischung trinkt man einen Ei-Kaffee. Diese verrückte Variante gibt es wirklich und obwohl sie toll aussieht, schmeckt sie mir persönlich nicht. Aber für jemanden, der Kaffee liebt, ist es definitiv mal etwas anderes. Und ansonsten trinkt man halt wieder einen Kokos-Kaffee, zu dem kann wirklich niemand nein sagen. 

Saigon Norden Stadt
Saigon Tan Dinh-Kirche
Vietnam Ei-Kaffee

Der Vietnamkrieg nimmt natürlich einen großen Platz in der neueren Geschichte des Landes ein und wer sich damit nur ein wenig beschäftigt hat, kennt die berühmten Tunnel der Vietcongs. So ein ausgeklügeltes Tunnelsystem wollten wir uns selber anschauen und mit einem Tagesausflug erreicht man leicht die Cu Chi-Tunnel im Norden der Ho Chi Minh-Provinz. Das Gelände wurde damals von den Vietcong mit unzähligen Tunneln untergraben und gehört heute immer noch dem Militär. In einem nachgepflanzten Dschungel (das Original wurde niedergebrannt) kann man in die geheimen Eingänge schlüpfen oder selbst durch die Tunnel kriechen. Doch die 1,2m hohen und 80 cm breiten, dunklen Tunnel sind nicht für jeden etwas. Besonders Klaustrophobiker sollten einen riesigen Bogen darum machen, wenn man bedenkt, dass sie für Touristen noch erweitert wurden. Die meisten Menschen müssen sich mindestens bücken, an manchen Stellen kann man nur auf allen Vieren durchkriechen. Das dimme Licht und auch die gute Belüftung wurden ebenfalls nachträglich für die Touristen eingebaut. Ich habe mich nur den kürzesten Tunnel gezwängt und war heilfroh wieder rauszukommen. Christoph war mental stärker und hat es auf 80 m Tunnellänge geschafft, aber auch er wollte dann nicht noch einmal rein. Kaum vorzustellen, was die Menschen im Krieg ertragen mussten. Zu diesem Schreckgespenst haben die Nachmachungen der berüchtigten Vietcong-Fallen beigetragen, denn lustig waren die sicherlich alle nicht, im Gegenteil, hier trafen Effektivität und Tortur aufeinander. Und während man sich die Folterwerkzeuge oder alte Panzer anschaut, hört man immer wieder Gewehrschüsse, die einen zusammenzucken lassen. Denn auf dem militärischen Gelände gibt es einen Schießstand, auf dem Touristen gegen Aufpreis die Schusswaffen des Vietnamkrieges ausprobieren können. Das hat sich Christoph nicht entgehen lassen und mit dem RPD Maschinengewehr geschossen. Laut und ein kurzes Vergnügen, aber alles, was den Herrn glücklich macht. ;D Und auch wenn der Krieg und seine Ausmaße tragisch waren, war es ein interessanter Ausflug, der über den Krieg aufklärt und die Geschichte lebendiger werden lässt. 

Vietnam Cu Chi-Tunnel
Vietnam Cu Chi-Tunnel
Vietnam Cu Chi-Tunnel
Vietnam Cu Chi-Tunnel

Was ist das berühmteste Gericht aus Vietnam? Natürlich Pho, die Nudelsuppe. Aber aufpassen, wenn man Einheimische danach fragt, eine falsche Betonung (in Vietnamesisch gibt es 6 verschiedene Tonarten) und man fragt nicht nach der Nudelsuppe, sondern nach einer “leichten Dame”. Möchte man keine peinlichen Missverständnisse, bleibt man doch lieber bei Englisch. Und dann findet man auch genügend Pho-Restaurants, genauer gesagt, so viele, dass man sich gar nicht entscheiden kann. Christoph und ich hatten Glück und haben jedes Mal die richtige Wahl für unser Pho getroffen. Ob man nun Schwein, Hähnchen oder Rind reingibt, ist dem persönlichen Geschmack überlassen und tut dem kräftigen Geschmack der Brühe keinen Abbruch. 

Vietnam Essen Pho
Vietnam Essen Pho
Vietnam Essen Pho

Aber das Pho war gar nicht unser Lieblingsgericht in Vietnam, sondern das Banh Mi. Paté, knackiges Gemüse und Fleisch in einem knusprigen Baguette machen dieses Sandwich zu einem der leckersten auf der Welt. Wir haben es so oft gegessen, dass ich es am Ende fast schon überdrüssig wurde. Zum Glück gibt es an jeder Straßenecke einen kleinen Banh Mi-Stand, aber natürlich gibt es auch hier bessere und schlechtere. Ganz bekannt ist das Lokal Bánh Mì Huynh Hoa, in dem man ein 600g Sandwich für 3€ bekommt. Es ist so viel Fleisch drauf, dass es manchmal schon zu viel ist. Unser Lieblingslokal war “Thiên Nhiên”, in dem man knusprige Ente oder Schweinebraten in das Banh Mi geben konnte. Ein absolutes Gedicht!

Generell ist das vietnamesische Essen köstlich und besonders das Street Food kann sich sehen lassen. In Restaurants kann es sein, dass man für wesentlich mehr Geld winzig kleine Portionen bekommt, daher sollte man sich hier immer vorher über die Portionsgrößen informieren. Der einzige Nachteil bei den Straßenständen sind die winzigen Sessel und Tische, an denen man isst. Man kommt sich hier wie im Kindergarten vor und der ein oder andere ist hier schon einmal hingefallen… Wer aber das Gehocke verkraftet, kann mit dem lokalen, vietnamesischen Essen nichts falsch machen. 

Vietnam Essen Banh Mi
Vietnam Essen Bun Cha

Vietnam ist ein buntes, lautes Land, das auf jeden Fall einmal besucht werden sollte. Vom ersten Eindruck würden Christoph und ich den Norden wohl bevorzugen, aber wir wollen wiederkommen und uns auch die Mitte des Landes anschauen. Wir hatten am Anfang kaum eine Vorstellung von Vietnam, aber es hat uns überzeugt und gefesselt. Also, auf bald!

Hanoi

Hanoi ist die größte Stadt im Norden von Vietnam und ein beliebter Ausgangspunkt von Touristen, um den Norden des Landes zu erkunden. Die Stadt an sich hat aber auch einiges zu bieten, insbesondere der alte Stadtkern ist mit seinen vielen Hotels und Restaurants ideal für den Tourismus. Wahrzeichen der Stadt ist wohl der Ngoc Son Temple, der mitten in einem kleinen See in der Innenstadt liegt und mit der Welt nur durch eine rote Brücke, die besonders abends wunderschön beleuchtet wird, verbunden ist. Südlich vom See findet man das Opernhaus oder die Tran Tiang Einkaufsstraße mit seinen Luxusläden. Das Hoa Lo Gefängnis ist heutzutage ein beliebtes Museum und bei der St. Joseph Kathedrale sollte man ebenfalls mal vorbeischauen.

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