Die Lebensfrohen

Das Leiden Südafrikas – Johannesburg

Einen so schrägen Flughafen wie in Uganda sieht man selten. Man selbst und das Gepäck wurden mindestens zweimal durchleuchtet, überprüft wurde eh alles dreimal und das richtige Gate zu finden, erinnerte einen an “Wo-ist-Walter”. Dafür war die Lounge super groß und gemütlich. Da konnte man schon fast vergessen, dass man zum Flugzeug einfach so über die Landebahn ohne Absperrungen o.ä. gehen musste. Nach ca. 4 Stunden sind wir abends in Johannesburg gelandet. Und bevor es hier mit dem Blog weitergeht, hier einige Sicherheitshinweise für Südafrika (die sind alle wichtig und ernst gemeint!): 

Keinen Schmuck tragen und Wertgegenstände immer sicher verwahren. Wenn man mit dem Auto fährt, keine Anhalter mitnehmen (viele Menschen fahren hier täglich per Anhalter) und wenn man im Dunkeln fährt, was man tunlichst vermeiden sollte, niemals anhalten. Auch nicht bei roten Ampeln, da fährt man nur langsamer und wenn keiner kommt, fährt man einfach weiter. Südafrika ist teilweise immer noch ein sehr armes Land und die Verbrechensrate ist hoch, also bitte immer aufpassen!

Wie schon erwähnt, kamen wir abends in Johannesburg an, konnten uns ein Uber (hier eine gute Option, denn so kann man Kennzeichen und Foto mit dem Fahrer vergleichen) schnappen und bei der Fahrt zu unserer Unterkunft wurde von unserem Fahrer schon einmal die letzte Regel beachtet: bei keiner Ampel wird wirklich gehalten. Unsere Unterkunft war ein schönes Apartment in einem bewachten Hochhaus mit Pool und Fitnessraum. Es war gut gelegen und unser Gastgeber war wirklich freundlich und hilfsbereit. Insbesondere da er uns über das Load Shedding auf dem Laufenden hielt. Ach ja, das Load Shedding: eines der größten Probleme in Südafrika zur Zeit und eines, von dem wir gar nichts wussten. Die Elektrizitätswerke sind hier alle veraltet und völlig überlastet und die Regierung hat kein Geld, dieses Problem zu lösen. Die Lösung ist also, überall im Land immer wieder den Strom abzuschalten. Es gibt eigentlich Zeitpläne für jede Region, wann und wie lange dort der Strom abgeschaltet wird, oft wird sich aber nicht daran gehalten. In den letzten Jahren hat sich dieses Problem verschlimmert, also wird im Moment der Strom im Durchschnitt 3x täglich für jeweils 2 Stunden abgeschaltet (wie gesagt, variiert das aber sehr stark). Wenn man genau weiß wann, kann man sich darauf vorbereiten (Geräte vorher aufladen, Essen vorher kochen, etc.), ansonsten wird es schnell lästig. Man muss seinen Tag drumherum planen und kann nichts spontan machen, abgesehen mal davon, dass es besonders für Lebensmittel und Kühlketten nicht besonders hygienisch ist, wenn der Kühlschrank ständig ab-und angeschaltet wird. Beim Essen und beim Einkaufen sollte man also im Moment in Südafrika ziemlich aufpassen. 

Unsere erste geführte Tour in Johannesburg führte uns ins Zentrum der Stadt, keine 15 Gehminuten von unserer Unterkunft entfernt. Ein junger Mann führte uns eine knappe Stunde durch die Innenstadt, an geschäftigen Straßen, kleinen orientalischen Malls (der Anteil der indischen Bevölkerung ist hier sehr hoch) und hipper Straßenkunst vorbei bis zu den neuen “Trend-Gegend”, in der alte Brauereien zu neuen Wohnapartments umgewandelt werden. Die Tour war leider etwas kurz und wirklich tiefe Einblicke in die Geschichte hat man auch nicht bekommen. Daher sind wir danach auf eigene Faust losgezogen und haben einen Spaziergang zur Johannesburg Art Gallery gemacht, keine halbe Stunde zu Fuß weg. Schlechte Idee, ganz schlechte Idee. 

Sobald wir das Zentrum verlassen hatten, haben wir nämlich das “echte” Johannesburg gesehen und das war kein schöner Anblick. Die Straßen wurden voller, lauter und stanken. Die Städte in Afrika sind ja generell nicht so sauber, aber dort wurde es extrem. Dass ein ganzer Müllcontainer auf der Straße ausgeleert wurde, war keine Seltenheit. Wir sind durch einen Markt gegangen, der nur so von Menschen wimmelte und durch die Hitze wurden der Schweiß und die anderen Gerüche nur noch verschlimmert. Südafrika hat leider ein Problem mit Drogensüchtigen und auch das bekamen wir dort deutlich zu Gesicht. Dennoch haben wir unseren Weg fortgesetzt, doch sobald wir unser Ziel erreicht hatten, machten wir auf dem Absatz kehrt und wollten nur noch so schnell wie möglich wieder weg. Ich habe mich noch nie so “weiß” und verletzlich gefühlt wie dort. 

Die Blicke, die wir als offensichtliche Touristen auf uns zogen, ließen uns einen Gang schneller gehen. Aber anscheinend nicht schnell genug, denn bei einer Straßenüberquerung wurde Christoph von drei Männern eingekesselt, gepackt und fast bestohlen. Zum Glück hatte Christoph in diesem Moment gute Reflexe und konnte sich losreißen, ohne dass er verletzt wurde oder ihm etwas gestohlen wurde. Wir hatten Glück, dass so viele andere Menschen um uns herum waren und nichts weiter passiert ist. Es ging so schnell, dass ich gar nichts mitbekommen hatte, aber trotzdem hat es uns beiden einen Schock versetzt und wir wurden noch vorsichtiger dadurch. 

Später auf einer der Safaris haben wir ein deutsches Paar kennengelernt, die leider nicht so viel Glück hatten. Sie waren auch kurz in Johannesburg gewesen und wurden dort gleich am ersten Tag mit vorgehaltener Waffe überfallen. Sechs Männer hatten sie auf einer leeren Brücke abgefangen und ihnen alles abgenommen. Man konnte noch die Kratzspuren am Hals der Frau sehen, wo sie die Kette abgerissen hatten. Zum Glück ist ihnen nichts Schlimmeres passiert, dennoch war es natürlich ein großer Schock für sie. Ich erzähle diese Geschichte nicht, um jemanden Angst zu machen, sondern einfach auf die Gefahr aufmerksam zu machen. Herumzureisen ist ein Abenteuer und bringt viel Spaß, aber dabei sollte man auch immer seine Sicherheit im Auge behalten!

Eine andere Tour führte uns nach Soweto, eine Gemeinschaft am Rande von Johannesburg. Dorthin wurde die schwarze Bevölkerung aus Johannesburg in Zeiten der Apartheid vertrieben. Und diese aus der Geschichte erwachsene Armut hat sich bis heute nicht verändert. Soweto ist aufgeteilt in ein armes und ein “reiches” Viertel. Der Anblick dieser beiden Viertel direkt nebeneinander, keine 50 m voneinander entfernt, ist schon etwas schräg und man kann nicht verarbeiten, dass diese Viertel zueinander gehören. 

Mit unserem Guide haben wir uns bei einem alten Kohlekraftwerk getroffen, das zu einem Outdoor-Aktivitäten-Spielplatz umgewandelt wurde. Dort kann man Bungee-Jumping, Paintball oder Klettern ausprobieren. Direkt auf der anderen Seite einer Wiese ist man schon mittendrin im armen Teil Sowetos. Auf der Wiese stehen kleine Zelte mit einem Auto davor, das sind tatsächlich (lizenzierte) Fahrschulen. Nicht gerade Highclass, aber sie tun ihre Pflicht, denn besonders in dieser Gegend sind Führerscheine sehr gefragt. Mal abgesehen davon, dass der öffentliche Nahverkehr noch nicht sehr ausgebaut ist, werden viele Leute von dort Taxifahrer. Aber nicht so in einem Taxi, wie man es bei uns kennt, sondern es sind Vans, in denen bis zu 15 Menschen sitzen können. Diese Vans fahren herum und gabeln Menschen von überall auf, zeigen an, in welche Richtung sie fahren (dafür gibt es spezielle Handzeichen) und lassen einen dann raus, wenn man es sagt. Ein kleines Stück sind wir in diesen Taxis mit unserem Guide ebenfalls gefahren. Recht bequem mit Klimaanlage, aber schon etwas merkwürdig, wenn man das Bargeld von hinten nach ganz vorne zum Fahrer reichen muss. Es gibt übrigens einen öffentlichen Bus, der aber nur von wenigen Leuten aus der Mittelschicht benutzt wird, denn eine Fahrkarte zu kaufen ist recht kompliziert und wird nicht von allen verstanden.

Den meisten Teil sind wir aber zu Fuß gegangen und dabei haben wir so einiges gesehen. Vor kleinen Steinhäuser, sogenannte Matchbox Houses (Streichholz-Häuser, weil sie so klein sind), dicht aneinandergereiht, sitzen Menschen auf Plastikstühlen und bieten Autowäschen, Haarschnitte oder Mittagessen (was man übrigens nicht essen sollte, da man nicht weiß, wie lange das Essen schon draußen ist) an. Keine richtigen Geschäfte, Dienstleistungen auf Pappkarton geschrieben und eine richtige Müllhalde direkt gegenüber.

Dank unserem Führer wurden wir nicht bedrängt oder angemacht, aber man sollte auf keinen  Fall als Tourist dort alleine herumlaufen! Die bessere Gegend ist sauberer, die Häuser sind etwas größer, dafür dominieren hier hohe Zäune um den Häusern mit Stacheldraht obendrauf. In dieser Gegend findet man auch das Haus von Desmond Tutu, das sieht man aber nur von außen und ist kein Museum, und das Haus von Nelson und Winnie Mandela. In diesem Museum wird 20 Minuten von einem Guide das Leben von Nelson Mandela kurz erklärt und dann kann man selber durch das Haus gehen. Das Haus selbst besteht nämlich nur aus 3 Zimmern und kann daher nur von einer bestimmten Anzahl an Besuchern gleichzeitig besichtigt werden. Die meiste Zeit hat in diesem Haus nur Winnie Mandela gewohnt, da Herr Mandela die meiste Zeit im Gefängnis saß. 

Daher haben wir auch viel über das Leben von Winnie Mandela gehört und diese Frau hat mich wahrlich beeindruckt. Man kann nicht außer Acht lassen, dass sie leider zu teilweise sehr extremen Mitteln griff, aber sie hat vielen Menschen geholfen und hart gekämpft. Sie hatte sicherlich kein einfaches Leben als schwarze Frau in Zeiten der Apartheid und mit einem Freiheitskämpfer verheiratet, der die meiste Zeit im Gefägnis war und den sie nur einmal im Jahr besuchen durfte. Umso beeindruckender, was sie alles erreicht hat und ich persönlich finde, dass ihr mehr Beachtung geschenkt gehört. Das Museum an sich war doch etwas langweilig, weil es klein war und hauptsächlich nur Fotos, Urkunden und Souvenirs ausgestellt waren. Dafür war der Eintritt doch recht hoch und natürlich überlaufen. Kann man, muss man aber nicht gesehen haben. 

Bei unserem Spaziergang durch Soweto wurde uns von unserem Guide viel über das alltägliche Leben der Bewohner erzählt, aber natürlich wurde auch viel über die Apartheid gesprochen. Der tragische Höhepunkt des Widerstands war der Schüleraufstand von 1976, bei dem es mehrere Todesopfer gab und den Auftakt zu etlichen Demonstrationen im ganzen Land bildete. Das berühmteste Todesopfer ist wohl der 12-jährige Hector Pieterson, dessen Bild um die ganze Welt ging und jetzt beim Hector-Pieterson-Mahnmal ausgestellt ist. Steht man auf diesem Platz und schaut sich das Foto und das Denkmal an, während man dieser tragischen Geschichte lauscht, ist es schwer, keine Träne zu verdrücken. Stellt man sich vor, wie mutig all diese Schüler und Studenten gewesen sein mussten und was ihnen alles angetan wurde, bleibt einem der Kloss im Hals stecken. Ein Ort, den man auf jeden Fall auf seiner Tour in Soweto gesehen haben muss. 

Unser Rückweg führte uns wieder zum Outdoor-Park, bei dem wir dann auch zu Mittag gegessen haben. Und was kommt in Südafrika auf den Tisch? Fleisch, Hähnchen (das zählt hier nicht als Fleisch) und Mais, vorzugsweise alles gegrillt. Deftig, aber sehr lecker.

An einem Tag haben wir unser Auto für den Roadtrip abgeholt. Achtung, hier ist wieder mal Linksverkehr! Aber da in Uganda auch schon überall Linksverkehr war, war es zum Glück für uns keine allzu große Umstellung. Um es gleich auszutesten, sind wir eine halbe Stunde hinüber nach Pretoria gefahren. Und das war, als wären wir in eine andere Welt gefahren. Super saubere Straßen, große Häuser mit noch größeren Zäunen und viel mehr Überwachung. Man hat gemerkt, dass hier die Regierungsgebäude stehen und viel mehr reiche Leute dort leben. Das Präsidentenhaus konnte man leider nicht anschauen, dafür haben wir uns aber die Union Buildings angeschaut. Riesige, wunderschöne Regierungsgebäude mit einem gepflegten, einladenden Park mit einer tollen Aussicht über Pretoria davor. Und mittendrin steht eine 9 Meter große Nelson Mandela-Statue aus Bronze. Diese Parkanlage ist also auf jeden Fall sehenswert.

Nach einem Besuch in einem echt coolen Retro-Burgerlokal, haben wir noch einen Abstecher zum Voortrekker-Denkmal gemacht. Dieses Denkmal wurde vom selben Architekten errichtet, der das Präsidentenhaus erbaut hat, und ist den “Voortrekkern” gewidmet, den ersten “Afrikaanern”, die von Kapstadt weiter in das Landesinnere gezogen sind. Die südafrikanische Geschichte ist ein recht komplexes Thema und vereint viele verschiedene Bevölkerungsgruppen und Ethnien. Einen kurzen Einblick erhält man, wenn man sich die 11 verschiedenen Amtssprachen anschaut, zu denen auch Englisch und Afrikaans gehören. Da aber auch Sprachen von den einheimischen Stämmen dazugehören, ist das Englisch mancher Afrikaner nicht ganz so gut, dennoch kann man sich schon überall verständigen. Die Schilder sind meistens in Afrikaans und auch wenn es von den meisten heutzutage noch gesprochen wird, ist es bei der schwarzen Bevölkerung nicht sonderlich beliebt, da es als “Sprache der Unterdrücker” gilt. Bevor ich hier aber die gesamte Historie aufrolle, zurück zum Denkmal. Ein beeindruckendes Gebäude auf einem noch höheren Hügel, von dem man über die ganze Stadt blicken kann. Drumherum haben sie eine ganzen Park mit allen möglichen Aktivitäten erbaut. Wenn man einen ganzen Tag mit der Familie verbringen möchte, ist das sicher ein schönes Ausflugsziel. Bei uns war es allerdings schon später Nachmittag, es war heiß, wir waren erschöpft vom langen Tag und wollten, um ehrlich zu sein nur nach Hause, daher wurde es nur ein kurzer Abstecher.

Wer an der südafrikanischen Geschichte Interesse hat (so wie wir), dann darf man Johannesburg und Pretoria nicht verpassen. Dennoch reichen 2-3 Tage dafür völlig aus. Wer eher an Stränden und Nationalparks interessiert ist, der kann diese Gegend ruhig auslassen und kann sicher sein, dass er nichts verpasst. Ganz ehrlich: Wir fanden Johannesburg gefährlich, dreckig, industriell und einfach nicht schön. Wir haben uns aus verschiedenen Gründen nicht wohl gefühlt und empfehlen Johannesburg als Urlaubsziel definitiv nicht weiter, aber das muss wie immer jeder für sich entscheiden. 

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