Rio de Janeiro
An der Copa… Copacabana Ach Rio, mein Rio. Ich glaube, schon an diesem Satz kann man erkennen, wie sehr uns Rio de Janeiro gefallen hat.
In meinem Englischunterricht haben wir ein Buch gelesen von einem Flugzeugabsturz im Amazonas mit einem überlebenden Mädchen, das sich allein durch den Dschungel schlagen muss. Das Buch hat einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen und zwar nicht nur, weil es gefährlich und teilweise echt eklig war, sondern weil es von der rauen, wilden und unangetasteten Natur erzählt, wie es sie nicht bei uns gibt. Seitdem steht ein Besuch im Amazonas auf meiner “Bucket-List” und welchen besseren Ort als Brasilien, wo sich über 60% des Amazonas befinden, um diesen Wunsch wahr werden zu lassen?
Manaus als Stadt hat wahrlich nichts zu bieten und ist auch nicht sonderlich schön anzusehen. Nur das Theater in der Stadtmitte, das in der Abendsonne golden glänzt, sticht etwas hervor. Aber aufpassen, drumherum ist es eher eine Touristenabzocke. Doch dieser Mangel wird einmal ignoriert, denn die Stadt hat eine unschlagbare Lage für Ausflüge zum Amazonas.
Christoph und ich waren nicht allzu lange hier, haben es aber geschafft, drei Ausflüge zu unternehmen. Beim ersten Ausflug wurden wir mit dem Auto zum Hafen und dann mit einem Speedboot zur anderen Seite gebracht, mitten in den Amazonas hinein. Eine kleine Siedlung von Einheimischen (ganz normale Bürger, keine wilden Stämme) war unser erstes Ziel. Dort trafen wir auf unseren Bootsfahrer/ Guide, der allerdings nur Portugisisch und seine indigene Sprache sprach. Als “Übersetzer” und zusätzlichen Guide hat uns ein ca. 17-jähriger Schüler begleitet, dessen Kenntnisse (Sprache und Naturwissen) diesen Ausflug zu einem besonderen Erlebnis gemacht haben. Danach ging es mit einem kleineren Holzboot die kleinen Flussarme hinauf (oder hinunter?). Der Amazonas hat keine klassischen Jahreszeiten, sondern nur Regenzeit und keine Regenzeit. Wir waren in der Regenzeit dort, und obwohl man ab und zu von einem kurzen Regenguss überrascht wurde, würde ich diese Reisezeit immer bevorzugen, denn sie hat den unschlagbaren Vorteil, dass die viele der Inseln oder des Landes unter Wasser steht und man so überall mit dem Boot entlang fahren kann. Dadurch ergeben sich wunderschöne Anblicke, wie wenn man durch einen kompletten Wald fährt und sich dieser in der glatten Oberfläche des Wassers spiegelt, nur gestört von den Blüten, die herunterfallen. Generell war es sehr still, oftmals nur unterbrochen von Zikadengesängen und natürlich uns Menschen. Es war ein abenteuerliches Paradies, bei dem man schnell vergessen konnte, dass sich Alligatoren und Piranhas im Wasser und Schlangen und Pumas an Land tummeln.
Doch die angsteinflößenden Gedanken wurden schnell von unserem zweiten Stop vertrieben: den pinken Delfinen! Bei einer kleinen Hütte direkt am Wasser schlüpften wir in unsere Badesachen und warfen uns in den Rio Branco. Dieser Fluss fließt mit dem Rio Negro zusammen und wird zum Amazonas-Fluss. Er hat eine braunrote Verfärbung und gibt so den eigentlich eher grau-zartrosa Delfinen ihre typische pinke Färbung. Die Flussdelfine sind freilebende Tiere, die durch Nahrung angelockt und zutraulicher gemacht werden. Dennoch sind es wilde Tiere, dessen Anwesenheit oder Zutraulichkeit nie garantiert ist. Wir hatten Glück und mussten keine 10 Minuten auf zwei der Tiere warten. Ein professioneller Guide lockte die Tiere an und fütterte sie. Wir durften sie streicheln und Fotos mit ihnen machen. Es war eine unglaubliche Erfahrung und hat einfach nur Spaß gemacht!
Kurz darauf ging es auch schon weiter, tiefer in den Dschungel hinein an eine einsame Stelle. Dort wurde uns ein Stock mit einer Schnur gereicht und wir durften selber nach Piranhas angeln. Ob wir nun zu unruhig waren oder weil es anfing zu regnen (nur ein kurzer Schauer), wir hatten leider kein Glück beim Fischen und sind mit leeren Händen wieder zurück zu der Einheimischensiedlung gefahren. Dort gab es leckeres, traditionelles Mittagessen. Besonders beliebt in dieser Gegend sind natürlich Fische und Meerestiere, allen voran der Tambaqui-Fisch. Köstlich zart und fangfrisch, und obwohl wir ihn drei Tage hintereinander gegessen haben, habe selbst ich (kein Freund von Fisch essen) mich nicht beschweren können.
Weiter ging es zuerst wieder mit dem Boot, um dann auf dem Landweg den Dschungel erkunden zu können. Botanik stand ganz oben auf der Unterrichtsliste und hat uns so einiges über die unzähligen Bäume und Pflanzen und deren Verwendungszwecke gelehrt. Von dem Kautschukbaum aus dem Gummi hergestellt wird über einen Baum, dessen Wurzeln als Echo-Ortung verwendet werden, bis hin zu den vielfältigen Heilpflanzen. Auch die Tierwelt kam nicht zu knapp, eine riesige Tarantel (die ich geflissentlich vermieden habe) oder die roten Feuerameisen, deren Bisse extreme Schmerzen auslösen, wurden genauestens unter die Lupe genommen. Und lasst uns nicht die Mücken vergessen, oh nein, wie könnten wir, wenn sie doch so zauberhaft zu Hunderten uns angefallen sind und uns jeweils mit ca. 50 Mückenstichen zurückgelassen haben (kein Scherz, ich sah aus wie eine einzige große Pustel! P.s.: die Mückensprays lügen in ihren Werbungen). Christoph durfte an einer Liane Tarzan nachspielen, was ihm so viel Spaß gemacht hat, dass er es noch ein zweites Mal machen musste.
Zurück ging es schon im Dunkeln, was der ganzen Umgebung eine bedrohlichere, aber auch geheimnisvollere Atmosphäre gab. Man fühlte sich der Natur näher, aber gleichzeitig auch verwundbarer, doch unser erfahrener Führer geleitete uns ganz unberührt zurück, wobei er sogar noch ein Alligatorenbaby einfing, was wir kurz streicheln und halten durften. Natürlich wurde es danach unverletzt wieder in das Wasser gesetzt und wir haben uns erschöpft, aber glücklich wieder zurück in die Zivilisation gemacht.
Unser zweiter Ausflug führte uns ebenfalls mit einem kleinen Holzboot auf den Amazonas. Diesmal waren wir nur zu dritt und das verpasste dem ganzen einen Hauch von “Privattour”. Die Situation war der ersten doch recht ähnlich, denn ein Bootsführer, der nur Portugiesisch sprach, und ein Tourguide, der für uns Englischsprachige zuständig war, begleiteten uns. Langsam tuckernd fuhren wir den Fluss ab und durften währenddessen exotische Früchte kosten. Mitten des vom Wasser bedeckten Waldes hielten wir an und durften einen weiteren Versuch starten, nach Piranha-Fischen zu angeln. Diesmal waren wir wesentlich erfolgreicher und Christoph und ich haben zusammen 6 Fische gefangen.
Eine ruhige Bootsfahrt führte uns zu einer kleinen Insel. Während unsere Guides das Essen vorbereiteten, durften wir im Rio Branco schwimmen gehen und die lustige Färbung näher betrachten. Das Wasser hatte angenehme Temperaturen, das sich erst änderte, als es plötzlich anfing zu regnen. Diesmal war es aber ein Sturm mit Blitzen, starkem Wind und riesigen Tropfen und wir mussten zusammengedrängt Schutz unter einer Plane finden. Das machte aber nichts, denn während wir warteten, durften wir nicht nur wieder den Tambaqui schnabulieren, sondern auch die von uns gefangenen Piranhas. Das Fleisch war saftig und lecker, aber dieser Fisch besteht aus sehr vielen Knochen und Gräten und eignet sich daher weniger als Verzehrfisch. Obwohl durch den Regen nass zusammengekauert, entstand beim Mittagessen und durch die netten Plaudereien eine gemütliche Atmosphäre, wie man sie sich nicht besser hätte vorstellen können.
Nachdem der Regen etwas abgeflaut ist, fuhren wir weiter zu einer verfallenen Hotelanlage. Das Ariaú Amazon Towers Hotel war ein schwimmendes Hotel auf dem Rio Negro und konnte nur mit dem Boot erreicht werden. Anfang der 2000er musste es jedoch leider schließen und seither nimmt sich die Natur wieder das “Land” zurück. Dieses Hotel hat sich auch um verletzte Tiere gekümmert, die bei der Schließung wieder der Wildnis ausgesetzt wurden. Die Affen waren jedoch an Menschen schon gewöhnt und scheuten sich daher auch nicht vor Touristen. So kann man heute noch, 20 Jahre später, die kleinen Äffchen mit Bananen anlocken, bis sie einem aus der Hand fressen und auf die Schulter klettern. Angefühlt hat es sich wie dressierte Affen, aber sie sind vollkommen wildlebend und nutzen die Touristen nur als Nahrungsquelle.
Die weitere Bootsfahrt führte uns an anderen Pflanzen- und Tierarten vorbei, wie Vögeln, Insekten und auch einem Faultier (konnten wir leider nur von ganz weit weg kurz schemenhaft sehen). An Land sind wir nur kurz gegangen, um uns einen der ältesten Bäume des Amazonas anzuschauen. Der ca. 400 Jahre alte Baum ist über 50 m hoch und lässt einen wie eine kleine Ameise aussehen, wenn man direkt darunter steht.
Unser letzter Tagesausflug führte uns dieses Mal in eine andere Richtung, fast 3 Stunden Autofahrt nördlich von Manaus. Unser Guide diesmal konnte nur mäßig Englisch und als andere Teilnehmer Brasilianer waren, hat er sich leider fast nur noch mit denen auf Portugiesisch unterhalten und uns links liegen lassen. Also von der Führung her war der Tag eine Enttäuschung, aber die Natur hat wie immer nicht enttäuscht. Zuerst ging es zum Cachoeira da irá, ein kleiner, aber von den Wassermassen gigantischer Wasserfall, der in einen kleinen See fließt. Kurz umgezogen und schon waren wir in dem von den Temperaturen her angenehmen Wasser. An vielen Stellen konnte man stehen oder bequem schwimmen. Aber das Highlight war, dass man an einer Stelle neben dem Wasserfall in das Wasser springen konnte und so mit dem Strom mitgezogen wurde. Das wahnsinnig Spaß gemacht, aber man sollte aufpassen, denn man leicht auch unter Wasser gedrückt.
Extrem süße Kokoszuckerwürfel machten die Anstrengung etwas erträglicher und so ging wieder ein aufregender Tag zu Ende. Der Amazonas ist sicherlich eine Gegend, die man gesehen muss. So nah der Natur haben wir uns bis jetzt nirgendwo gefühlt. Und man hatte immer das Kribbeln von Abenteuer und Gefahr im Bauch, als würde an der nächsten Ecke ein Goldschatz auf einen warten. Die Tiere, die Pflanzen, aber auch die Menschen, die hier leben und uns so liebenswürdig aufgenommen haben, machen diesen Ort zu einem magischen und mythischen, der die Lebensgeister und Abenteuerlust neu erweckt.
An der Copa… Copacabana Ach Rio, mein Rio. Ich glaube, schon an diesem Satz kann man erkennen, wie sehr uns Rio de Janeiro gefallen hat.
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