Die Lebensfrohen

¡Viva Mexiko!

Mexiko-Stadt und seine Umgebung gehören mit über 22 Millionen Einwohnern zu den größten Städten der Welt. Doch das müssen Christoph und ich irgendwie verpasst haben, denn wir haben von der Überbevölkerung und dem dazugehörigen Verkehrsstau wenig mitbekommen. Vielleicht weil gerade alle Bewohner in den Sommerferien waren oder es im Stadtzentrum nur Touristen gibt? Wir hatten jedenfalls eine großartige Zeit in Mexiko-Stadt. Unsere Unterkunft lag direkt in der Altstadt und man musste nur aus der Haustür fallen, um von Taco-Ständen umzingelt zu sein. Das hat uns natürlich ganz besonders gefallen und Christoph könnte jetzt wahrscheinlich ein ganzes Buch über die besten Taco-Läden in Mexiko schreiben (hoffentlich habe ich ihn damit nicht auf eine Idee gebracht).

Das Zentrum besteht aus dem Platz der Verfassung, der von den Bewohnern auch “Zócalo” (Sockel) genannt wird, und den drumherum liegenden Gebäuden. Der Platz ist mit seinen 56.000m² einer der größten der Welt und kann 200.000 Menschen auffassen. Aber der Platz mit der riesigen Mexiko-Flagge ist noch so viel mehr, denn laut der Legende haben hier die Ureinwohner Mexikos die Prophezeiung empfangen, worauf sie sich hier niederließen und das Land Mexiko besiedelt haben. Diese Weissagung ist heute immer noch auf der mexikanischen Fahne abgebildet und Beweise dafür (zumindest für eine Siedlung) zeigt die Ausgrabungsstätte gleich daneben. Hier kann man die Ruinen eines alten Tempels und anderen Gebäuden sehen und im Museum dazu über die Gründung Mexikos informieren.

Der “Sockel” wird vom Rathaus, dem Nationalpalast und einem Luxus-Hotel umrandet und obwohl diese Gebäude von Innen wie von Außen wunderschön in ihrem Kolonialstil anzusehen sind, stellt doch das größte und älteste Gotteshaus des amerikanischen Kontinents alles in den Schatten. An der Catedral Metropolitana wurde 300 Jahre lang herumgetüffelt und daher verwundert es nicht, dass man Einflüsse des Barocks neben dem klassischen Stil und Renaissanceelementen findet. Und obwohl das am Anfang erst einmal merkwürdig klingt, ist diese Kathedrale doch eine der faszinierendsten Kirchen, die wir bisher gesehen haben. Mit seinen fünf Schiffen und vierzehn Kapellen gibt es im Inneren so einiges zu sehen, wobei die kunstvoll geschnitzten Altäre, die goldenen Statuen und die riesige Orgel ganz besonders die Augen auf sich lenken. Leider ist dieses wunderschöne Heiligtum von der Bodensenkung in der Mitte der Stadt stark betroffen und so kann man vor allen Dingen an den Außenmauern die unterschiedlichen Höhen der Kirche sehen.

Rund um den Platz erstrecken sich unzählige Straßen gefüllt mit Geschäften, Restaurants und Bars. Man findet hier nicht nur super leckeres Eis und unsere geliebten Tacos, sondern auch Souvenirs, das Schmuckviertel und beeindruckenden Mezcal, der so rauchig in der Kehle schmeckt, dass man denkt, man hätte ein Brennholz verschluckt. Aber die Stadt besteht natürlich aus mehr als dem alten Platz. Das nationale Kunstmuseum beherbergt nicht nur nationale Kunstschätze und verzaubert mit seiner klassizistischen Architektur, der Platz davor ist für seinen Filmauftritt im Bond-Film “Spectre” bekannt. Die Anfangsszene mit der riesigen Parade zum Tag des Todes lockt seitdem immer mehr Touristen nach Mexiko-Stadt. Was jedoch die wenigsten wissen, ist, dass es diese Parade so gar nicht gibt (vor allen Dingen nicht im Sommer) und sie jetzt nur für Touristen veranstaltet wird.

Gleich weiter die Straße runter sollte man sich das Postmuseum anschauen, denn das befindet sich in einem alten Palast und wurde früher tatsächlich als Post und Bank verwendet. Gringotts sieht dagegen schon ärmlich aus, so viel Gold und Verschnörkelungen wie man hier entdecken kann. Eine Straßenüberquerung weiter kann man den Palacio de Bellas Artes und seinen Vorplatz bewundern. Das Kunstmuseum mit seiner orangen Kuppel zieht erkennt man schon von Weitem und steht den anderen Museen und Palästen sicherlich in nichts nach. Da wird man von der Fassade fast von den Kunstgemälden im Inneren abgelenkt. Ein Geheimtipp ist die Casa de los Azulejos (“Haus der Fliesen”), ein aus dem 18. Jahrhundert stammender Palast, der komplett mit weißen und blauen Fliesen verziert wurde. Auf jeden Fall Instagram würdig.

Mit ca. 200 Museen gibt es in Mexiko-Stadt immer etwas zu sehen und zu tun. Die Museen befinden sich aber natürlich nicht alle in der Innenstadt und so kann man den Besuch der meisten kulturellen Einrichtungen mit einer Besichtigung anderer Stadtteile der Stadt verbinden. Von A nach B kann man dank des gut ausgebauten U-Bahn-Netzes ganz gelangen, obwohl ich persönlich mit der U-Bahn auf Kriegsfuß stehe. Die Bahn bleibt nämlich keine Minute in der Station stehen und die Türen schließen sich innerhalb von Sekunden. Da kann es vorkommen, dass man nicht nur einmal eingeklemmt in der Tür steht. Wenn man aber flink ist und die niedrigen Preise zu würdigen weiß, kann man damit leben. Christoph und ich haben das Verkehrsnetz ausgenutzt und eine Wanderung durch die Stadt unternommen (naja, wenigstens einen kleinen Teil davon, denn es ist immerhin eine Megastadt). Das Soumaya-Kunstmuseum ist mit seiner modernen Architektur schon an sich ein Eyecatcher und dass der Eintritt kostenlos ist, lässt sich an der sehr langen Schlange davor erkennen.

Zwar nicht so modern, aber dennoch unbedingt sehenswert ist das anthropologische Nationalmuseum. Das Museum, das auch Ausstellungsstücke aus der Maya-Kultur zeigt, gehört zu den bekanntesten Museen Mexikos und ist mit seinen 5€ Eintritt nicht nur bei Touristen beliebt. Der einzige Grund, warum Christoph und ich nicht drinnen waren, ist unser schlechtes Zeitmanagement. Es steht aber auf jeden Fall beim nächsten Besuch oben auf der Liste. Den großen Park gleich daneben haben wir aber geschafft anzusehen und hätten gerne wie die anderen Familien dort ein Picknick veranstaltet.

In einer ruhigen Wohngegend findet man ein unscheinbares, blaues Haus. Das ehemalige Zuhause und jetzige Museum gehörte Frida Kahlo, der wohl bekanntesten mexikanischen Künstlerin. Leider muss man auf die Öffnungszeiten achten, denn diese sind etwas eingeschränkt. Zudem ist es für Mexiko etwas teurer und Bilder von ihr sieht man ebenfalls nicht, denn diese befinden sich natürlich in den großen Kunstmuseen. Der Spaziergang durch diese Umgebung hat sich aber immer noch gelohnt, da man so mal eine andere, nicht touristische Seite von Mexiko-Stadt kennenlernen kann. Die Stadt ist unglaublich sauber und wir haben uns auch jederzeit sicher gefühlt. Zudem ist sie auch sehr grün, man “stolpert” schon fast von einem Park zum anderen und trotz heißer Temperaturen ist die Stadt dank vieler Bäume und Grünpflanzen nicht aufgeheizt und man findet viel Schatten.

Den Norden der Stadt darf man auch nicht vernachlässigen, findet man dort doch zwei wichtige, touristische Sehenswürdigkeiten. Zum einen den Platz der drei Kulturen, ein ehemaliger Marktplatz mit einer alten Kirche gegenüber, die auf einer alten Aztekenstadt gebaut wurden. Heutzutage sieht man zum Glück wieder die Ruinen der alten Stätte. Noch weiter nördlich sollte man sich unbedingt die Basilika Unserer Lieben Frau von Guadalupe anschauen. Die ursprüngliche Kirche wurde im 17. Jahrhundert im Andenken einer Erscheinung der heiligen Jungfrau gebaut, nachdem das Bild Marias auf dem Mantel eines Gläubigen erschien. Heute befinden sich auf dem Platz eine neue und eine alte Kirche, in beiden werden noch Messen abgehalten, obwohl natürlich in der neuen Kirche mehr Menschen Platz finden. Der Wallfahrtsort wird jährlich von Millionen Menschen besucht und ist nach Rom die meistbegangene christliche Pilgerfahrt. Die Basilika wurde schon mehrfach von mehreren Päpsten besucht und zweimal mit der goldenen Rose (eine hohe Auszeichnung der katholischen Kirche) ausgezeichnet. Obwohl die alte Kirche immer noch wunderschön ausgestattet ist, lenkt man den Blick doch eher Richtung neuer Kirche. Mit dem modernen Design, den Waben-Lampen und der in Gold und Kupfer gehaltenen Inneneinrichtung strahlt sie etwas Warmes und Göttliches aus. Das Gnadenbild Marias kann man hinter dem Altar aus dem Untergeschoss heraus bewundern. Durch die vielen Pilger hat man eine kleine Rollbahn gebaut, die die Massen langsam an dem Heiligenbild entlangführt. So etwas sieht man auch nicht alle Tage.

Wenn man in Mexiko-Stadt ist, muss man aber auch einmal aus der Stadt fahren, um wahrscheinlich DIE Touristenattraktion des Landes zu sehen. Die voraztekische Ruinenstadt von Teotihuacán befindet sich ca. 45 Minuten außerhalb von Mexiko-Stadt und ist entweder mit einer Tagestour oder auch einfach mit dem Bus zu erreichen. Wir haben uns für eine Tagestour entschieden, da wir gleichzeitig auch den Platz der drei Kulturen und die Basilika von Guadalupe abklappern konnten. So ein Tagesausflug wäre aber nichts ohne einer der typischen Verkaufsveranstaltungen und so landeten wir in einem Souvenirladen, der nicht nur Kristalle und Gegenstände aus Obsidian (aus dem Stein wurde auch die Stadt Teotihuacán gebaut) verkaufte, sondern konnten ebenfalls den selbst produzierten Tequila probieren, der aber um ehrlich zu sein grässlich schmeckte und viel zu scharf war. In einem “traditionellen” Restaurant mit Showeinlage konnten wir zur Mittagszeit wieder die köstliche, mexikanische Küche genießen. Da haben wir uns auch getraut, das mexikanische Nationalgericht zu probieren (nein, nicht Tacos): Mole. Es gibt verschiedene Zubereitungsarten, aber berühmtesten ist die schwarze Mole mit Hähnchen oder Truthahn. Leider hat es uns nicht so geschmeckt, so furchtbar, wie die Farbe es vermuten lässt, war es aber nicht.

Teotihuacán wurde schon im 6. Jahrhundert v.Chr. besiedelt und zu ihren Glanzzeiten beherbergte die Stadt ca. 200.000 Einwohner. In den Ruinen der alten Stadt ragt die dritthöchste Pyramide der Welt mit 63m in Höhe, die Sonnenpyramide. Vor ca. 2000 Jahren erbaut liegt sie an der “Straße der Toten”, die in gerader Linie zur Mondpyramide führt, die mit einer Höhe von 43m ebenso beeindruckt wie ihr südliches Pendant. Man kann sich auf dem Gelände die Gebäude nicht nur von außen anschauen, man kann auch in eines der Nebengebäude hineinschauen. Wunderschöne Wandzeichnungen und Utensilien erwarten einen und erzählen eine uralte Geschichte. Doch das eigentliche Highlight sind die technischen Feinheiten, auf die ca. 100 n.Chr. geachtet wurde. Norden und Süden, Sonne und Mond, absolut gerade Winkel, genaue Anzahl der Stufen – alles wurde abgemessen und genau eingehalten. Noch heute forschen und graben dort mehrere archäologische Teams und es sieht aus, als wäre gerade einmal die Hälfte entdeckt worden. Eine Wunderkiste für jeden Geschichtsfan.

Wer glaubt, dass Christoph und ich jetzt nur auf Kultur (und Essen) aus sind, hat weit gefehlt. Wir wollen natürlich auch Spaß haben und was fällt einem da Besseres ein als der Lieblingssport der Mexikaner: Wrestling! Hier Lucha Libra genannt, findet man die verkleideten Männer überall im Land und jetzt wissen wir auch wieso. Freitagabend geht man zu einer der größten Arenen und kann sich schon Tickets für weniger als 5€ kaufen. Da ist das Bier, was man hier kaufen kann, schon fast genauso teuer. Es gibt dann zwar keine festen Sitzplätze und die Steinbänke ganz oben auf den Rängen sind etwas hart, aber das tut der ausgelassenen Stimmung keinen Abbruch. Die Sitzplätze auf unteren Rängen sind natürlich teurer, aber vergleichsweise zu anderen Ländern immer noch ziemlich günstig. Die Regeln des Wrestlings sind einfach: es gibt immer eine gute und eine böse Seite, bestehend aus einer bis zu drei Personen. Draufkloppen ist die Devise und wer weshalb gewinnt, habe ich bis heute noch nicht verstanden, das war ziemlich ausgewogen. Auch Frauen-Wrestling gab es in der Mitte der Show zu sehen und natürlich kamen die Stars ganz am Ende. Und da wären natürlich noch die bunten Kostüme, die Show würdigenden Einmärsche der Kämpfer und natürlich die legendären Masken. Die größte Schmach eines Wrestlers ist es, dass ihm die Maske beim Kampf abgerissen wird. Es ist das Markenzeichen eines Kämpfers und so gibt es überall bestimmte Masken von den beliebtesten Bösewichten und Helden zu kaufen. Was aber das Lucha Libre so besonders macht, ist die Stimmung. Obwohl die Mexikaner auch hier gerne zu spät, das heißt eher für den Hauptkampf, kommen, heizt sich die Stimmung schnell auf. Buh- oder Jubelrufe sind keine Seltenheit und zwischendurch werden sogar mit Schimpfwörtern um sich geworfen (da waren wir schon fast froh, kein Spanisch zu verstehen). Die Atmosphäre war auf jeden Fall grandios und wir hatten so viel Spaß, dass wir uns das unbedingt noch einmal anschauen wollen.

Mexiko-Stadt hat uns ehrlicherweise mehr gefallen als der Rest von Mexiko. Eine saubere Stadt, in der man so viel sehen und erleben kann, dass eine Woche definitiv nicht ausreicht. Wir lassen es uns bestimmt nicht nehmen, noch einmal dorthin zu reisen, um noch mehr in die mexikanische Geschichte und Kultur einzutauchen. Und natürlich um das Wrestling zu sehen. Und um zu essen. Und haben wir die Margaritas erwähnt? ¡Viva Mexiko!

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