Lima
“El Beso” – eine Stadt zum Küssen Wie kommt man von Brasilien nach Peru? Ganz einfach, man nimmt ein (teilweise Fracht-) Schiff und fährt auf
Wenn man in der Weltgeschichte herum tingelt, begegnet man zwei Arten von Menschen: Einheimischen und Reisenden. Besonders in Südamerika haben wir viele junge Frauen kennengelernt, die alleine für einige Wochen oder Monate herumgereist sind. Sehr beeindruckend und etwas, was ich mich wahrscheinlich in ihrem Alter oder auch heute nicht getraut hätte. Durch die Einheimischen und Tourguides lernt man das spezielle Land, seine Geschichte und deren Menschen kennen. Durch die anderen Reisenden lernt man jedoch oft gute Reisetipps und Orte oder Aktivitäten, die man gemacht haben sollte. Auf einem Ausflug in Chile haben Christoph und ich ein nettes Mädchen kennengelernt, das uns von einem super coolen Konzept erzählt hat, das sich “PeruHop” nennt. Es funktioniert wie ein “Hop on, hop off”-Bus, nur nicht in einer spezifischen Stadt, sondern in einem ganzen Land, in diesem Fall Peru. Die Idee hat uns so gut gefallen, dass wir das gleich gebucht haben. Man kann aus verschiedenen Routen wählen, wann man will aussteigen, so lange dort bleiben wie man möchte und dann zum nächsten Ziel fahren. Das Unternehmen erstellt eine Reiseroute für dich, stellt den Bus und einen Begleiter und organisiert sogar Ausflüge für einen, wenn man möchte.
Früh morgens wurden wir von unserem Hotel in Lima abgeholt und schon ging es zum ersten Punkt auf der Strecke: Paracas. Eine kleine ruhige Ortschaft, die aber direkt am Pazifik liegt und sich daher toll für Bootsfahrten eignet. Und genau das haben wir gemacht, eine Bootsfahrt zu den Islas Ballestas. Ein kleine, felsige Inselgruppe der Stadt vorgelagert, auf der sich nicht nur unzählige Seelöwen tummeln, sondern auch Penguine. Ja, die kleinen Humboldt-Pinguine sind in kleinen Gruppen so weit im Norden zu finden und ein absolutes Highlight, denn oft findet man freilebende Pinguine nicht an Orten, die man leicht besuchen kann. Nach einem etwas überteuerten, aber wieder hervorragendem Essen (peruanisch halt 😋), ging es mit dem Bus auch schon weiter.
Huacachina ist eine Oase mitten in der Wüste von Peru. Ein kleiner See umringt von grünen Palmen vermittelt das Bild einer Oase perfekt und lässt die hohen Sanddünen im Hintergrund besonders zur Geltung kommen. Eben stand man noch an einem Hafen mit Blick auf das weite Meer und schon steht man in der Wüste, Sand soweit das Auge reicht. Und was macht man in der Wüste? Richtig, man fährt einen Sandbuggy. ;D
Naja, man versucht eher, sich nicht zu übergeben, während ein professioneller Fahrer dieses Höllengefährt in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit über eine Düne schießen lässt. Uns wurde vorher gesagt, dass es sich etwa wie eine Achterbahnfahrt anfühlt und das war wohl einer der treffendsten Beschreibungen meines Lebens. Auf und ab, Drifts und Hügel, auf dessen andere Seite man nicht blicken kann, ließen den ein oder anderen Schrei entkommen (nicht nur von mir, sondern auch den anderen Reisenden), während die kleinen, feinen Sandkörner ins Gesicht peitschten. Eine Maske und Sonnenbrillen waren in diesem Fall eine kluge Investition. Aber wie bei einer Achterbahnfahrt pumpte das Adrenalin und die Freude danach gehörig in den Adern.
Gut, dass damit das Abenteuer noch nicht zu Ende war. Auf zwei der höchsten Sanddünen wurde der Buggy geparkt, Fotos von dem herrlichen Blick über die Wüste und der Oase gemacht und dann auf einer Art Snowboard den Hang heruntergerutscht. Ein etwas breiteres Brett wurde auf der Klippe balanciert, dann legt man sich auf den Bauch mit dem Kopf nach vorne drauf und mit einem kleinen Stoß geht es mit ca. 40-50 km/h hinunter. Klingt lustig? Wenn man sich erst einmal überwindet und vielleicht die ersten paar Sekunden die Augen zu hat, ist es das auch und man möchte es wieder und wieder machen. Zum Runterkommen hält man dann noch einmal bei einem der zahlreichen Aussichtspunkte und genießt den Sonnenuntergang in der Wüste, bevor es mit der “Achterbahn” wieder hinunter zur Oase geht. Huacachina ist eine Touristenstadt und besonders für die jungen, feierwütigen Leute gibt es einige Hostels und Übernachtungsmöglichkeiten. Christoph und ich blieben ebenfalls über Nacht, damit wir dann am nächsten Tag ausgeruht einen kleinen Ausflug zu einer Schokoladenmanufaktur machen konnten. In einem Workshop durften wir in diesem Traditionshaus ihre berühmteste Nascherei nachmachen, eine Art Schokoladenkonfekt, was zwar lecker und aber sehr süß war. Hinterher ging es zu einem Weinbauern, der auch Pisco in allen seinen Farben und Geschmacksrichtungen anbot. Nach einer kleinen Verkostung und einem Mittagessen ging es dann schon weiter Richtung Osten.
Am Nachmittag hielten wir dann kurz vor Nazca an, um uns die berühmten Nazca-Linien anzuschauen. Leider hatte Perus Regierung die historische Bedeutung der Linien lange Zeit nicht erkannt und so teilt seit einigen Jahrzehnten eine Schnellstraße den Schwanz vom Rest des Körpers der “Eidechse”. Von einem kleinen und sehr wackeligen Stahlturm, der meiner Höhenangst überhaupt nicht gut tat, hatte man einen besseren Überblick über zumindest drei der vielen Nazca-Formen, die “Eidechse”, den “Baum” und die “Hand”. Das Geheimnis dieser Linien hat sich auch uns nicht eröffnet, aber alleine der Anblick dieser riesigen und tiefer als geglaubten Linien lassen einen über dessen Sinn grübeln.
In Nazca selber haben wir nur eine kurze Pause gemacht, um dann später abends die Nacht über weiterzufahren.
Anfang des Jahres kam es in Peru zu Unruhen und einigen Ausschreitungen aufgrund eines politischen Wechsels (es war der fünfte Präsident in Folge, der wegen Korruption im Gefängnis gelandet ist. Kein Scherz!). Dadurch wurden aber viele Flüge gestrichen und auch der Machu Picchu wurde für kurze Zeit geschlossen. Das hat natürlich den Tourismus kräftig gestört und erst langsam kamen die Touristen zurück. Glück für uns, da es nirgendwo überfüllt war. Es gab jedoch teilweise nicht genügend Reisende für einen kompletten Bus und so wurde von dem Unternehmen organisiert, dass wir mit den öffentlichen Bussen fuhren. Es war trotzdem immer ein/e Reiseleiter/in mit dabei. Die Busse waren zudem sehr bequem und man konnte so wie in der Business Class im Flugzeug die Sitze so zurückstellen, dass man fast liegen konnte und man immerhin ein kurzes Nickerchen halten konnte. Leider hat das nicht als Ausgleich für die doch recht anstrengenden Tage gereicht und so wurde Christoph leider auf der Fahrt krank und war kurz angeschlagen. Und so kam es leider dazu, dass Christoph für die zwei Tage, die wir in Arequipa verbracht haben, aussetzen und sich ausruhen musste. Zudem merkten wir auch langsam die Höhenlage Perus, die in Arequipa immerhin schon auf über 2300 m liegt.
Kurzum, ich musste Arequipa und die Umgebung alleine erkunden. “Die weiße Stadt” trägt ihren Namen nicht zu unrecht, denn der Hauptplatz mit seinen historischen Gebäuden und der Hauptkirche ist aus Sillar, einem weißen Vulkangestein, gebaut und erstrahlt besonders im Sonnenlicht in einem wunderschönen weiß. Mit den riesigen Bergen, an deren Spitzen ebenfalls etwas Weiß zu erkennen ist, ist das ein absolutes Postkartenmotiv. Die Stadt ist nicht sehr groß, aber es wimmelt vor Leben an jeder Ecke, besonders in der großen Markthalle.
Der geplante Ausflug führte mich und eine kleine Reisegruppe in den Colca Nationalpark, ca. 3 Stunden Autofahrt von Arequipa entfernt. Der Colca Canyon ist einer der höchsten Canyons der Welt mit einer Tiefe bis zu 3300 m und ist damit teilweise doppelt so tief wie der Grand Canyon. Er bietet eine Vielzahl von Aktivitäten und ist natürlich besonders beliebt bei Wanderern. Um dort wandern zu gehen, sollte man jedoch mehr als einen Tag einplanen und so wurden wir bequem mit dem Auto die meiste Zeit herum kutschiert. Zuerst ging es zu einer kleinen Ortschaft von Einheimischen, die in ihren bunten traditionellen Gewändern schon an sich einen Blick wert waren. Die süßen Baby-Alpacas, mit denen man Fotos machen durften, waren nur die süße Kirsche auf der Eiscreme. Der Grund, warum aber viele Touristen in den Canyon fahren, sind die Kondore. Bei einer bestimmten Stelle am Canyon haben sie ihre Nester und man kann sie aus nächster Nähe beobachten. Es kann sogar vorkommen, dass sie nur einige Meter über die Köpfe der Zuschauer hinwegfegen, ein beeindruckender Anblick mit einer Spannweite bis zu drei Metern.
Aber wie gesagt, hat der Nationalpark noch mehr zu bieten. Zur Auswahl standen eine Quadtour oder eine gemütliche Zeit in den heißen Quellen. Und obwohl ich zu Entspannung niemals Nein sage, musste ich die Gelegenheit wahrnehmen, um das Quadfahren auszuprobieren, da Christoph nicht da war. Christoph ist bei diesen Sachen immer etwas überfürsorglich um mich, da ich Tendenz zum Umfallen habe. 😀 Mit einem Betreuer auf der Seite durfte ich dann die schmalen Straßen entlang des Canyons mit einem Quad befahren. Die Sonne schien, eine leichte Brise wehte uns um die Nase und die Natur war so schön, dass es mir die Sprache verschlagen hat. Dieser Moment zählt zu einer meiner liebsten.
Auf dem Rückweg nach Arequipa machten wir noch einen Halt auf einem der höchsten Punkte (4910 m), um die Aussicht auf 9 Vulkane in der Ferne genießen zu können. Einige davon sind sogar noch aktiv und aus einem konnte man sogar Rauch aufsteigen sehen. Lange hielt man es aber aufgrund der Höhe, der Kälte und des Windes nicht aus und so ging es nach ein paar Fotos schnell wieder ins Auto und zurück. Der Ausflug und die Natur, die ich an diesem Tag erleben durfte, war unglaublich und dass Christoph das nicht miterleben durfte, ist eine Schande. Aber der Ausgleich dafür sollte schon bald kommen.
Nach zwei Tagen, in denen Christoph sich glücklicherweise ganz gut erholt hat, ging es weiter nach Puno. Doch da fing der Kampf gegen die Höhenkrankheit erst an. Puno liegt auf einer Höhe von 3800 m und wenn man das nicht gewöhnt ist, schlägt das nicht nur auf das Gemüt. Bauchschmerzen, Übelkeit, Kopfschmerzen und leichtes Fieber sind nur einige der Nebenwirkungen und lassen eher einen leiden als die Aussicht genießen. Aber auch besonders die Müdigkeit und Kurzatmigkeit lassen jede Bewegung schwer fallen. Es fühlt sich so ähnlich wie die Nachwirkungen von einer Corona-Erkrankung an. Es hatte aber etwas Gutes, denn Christoph hat sein Wundermittel gefunden: das Kokablatt. Ja, das Blatt von der Pflanze aus der Kokain hergestellt wird. Aber das Blatt an sich hat nur einen super geringen Anteil des Wirkstoffes und das Blatt muss ein zeitaufwendiges Verfahren durchlaufen, damit daraus Kokain entsteht. In den Anden ist die Kokapflanze sehr verbreitet und wird seit Jahrhunderten für verschiedene Sachen verwendet. Oftmals wird es aber einfach als Medizin gegen die Höhenkrankheit verwendet. Man kann aus den Blättern einen Tee machen (geringe Wirkung), es kauen oder es werden Tabletten daraus hergestellt. Alles völlig legal und wie gesagt, weit verbreitet. Der Tee schmeckt ähnlich wie Grüntee und kann man gerne nebenher genießen. Doch uns ging es nach nur einigen Stunden in Puno so schlecht, dass wir auf die schwereren Geschütze umsteigen und die Kapseln nehmen mussten. Das Problem ist nämlich, dass man nicht wie normale Bergsteiger den Berg besteigt, sich einmal umsieht und dann wieder hinabsteigt. Man ist für 12 Stunden, einen Tag oder sogar mehrere Tage auf einer Höhe, an die unser Körper nicht gewöhnt ist. Also leihen wir uns die Hausmittel der Einheimischen aus, die müssen es ja schließlich wissen.
Dennoch schleppten wir uns zum Hafen und ins Boot, denn man bekommt schließlich nicht oft die Gelegenheit den Titicacasee zu überqueren und die schwimmenden Inseln betreten zu dürfen. Der größte Süßwassersee Südamerikas ist zwar sehr ruhig, aber leider auch stark verschmutzt und eignet sich daher nicht zum Schwimmen. Das stört das Urvolk der Urus aber weniger, denn sie leben seither auf den selbst errichteten Inseln. In einem speziellen Verfahren wird Schilf miteinander verwoben und so aufeinander gelegt, dass sich eine stabile Oberfläche bildet. Dieser Prozess wird regelmäßig wiederholt und so entstanden überall auf dem höchstgelegenen See der Welt kleine Schilfinseln, auf denen Hütten stehen und sogar mehrere Familien leben. Die Oberfläche ist etwas weicher und man sinkt ganz leicht ein, es ist ein Gefühl, als würde man über Stroh laufen, nur in dem ständigen Wissen, dass darunter tief und kalt Wasser liegt. Die Familien begrüßten uns nett und ließen uns einen kurzen Blick in ihren Alltag werfen. Generell sind die Peruaner ein nettes und offenes Völkchen, das uns immer mit offenen Armen empfangen hat. Dennoch richtig wohl und sicher gefühlt haben wir uns auf diesen schwimmenden Inseln nicht (das lag teilweise an dem Boden und teilweise daran, dass es uns nicht gut ging), aber wir waren dann doch recht froh, als wieder auf dem Boot und dann zurück auf festem Boden waren.
Mittlerweile war es abends und mit einer letzten Nachtbusfahrt machten wir uns auf den Weg zu unserem letzten Stop in Peru: Cusco. Was wir alles auf dieser kurzen, anstrengenden und abenteuerlichen Reise alles erlebt haben, lässt sich kaum in Worte fassen. Peru ist ein wunderschönes Land, das alles zu bieten hat, von Küsten über Wüste bis hin zu den höchsten Bergen und tiefsten Schluchten. Das Land und die freundlichen Menschen, die uns überall liebenswert empfangen haben, haben uns tief beeindruckt und einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Wer besonders auf Abenteuerurlaube steht, bei dem sollte Peru ganz oben auf der Liste stehen. Peru können wir nur von ganzem Herzen weiterempfehlen.
“El Beso” – eine Stadt zum Küssen Wie kommt man von Brasilien nach Peru? Ganz einfach, man nimmt ein (teilweise Fracht-) Schiff und fährt auf
Das Herz vom historischen Südamerika Nach einer weiteren Nachtfahrt kamen wir im Morgengrauen in Cusco an. Obwohl Cusco “ganze” 400 m tiefer liegt als Puno,