Die Lebensfrohen

An der Copa... Copacabana

Ach Rio, mein Rio. Ich glaube, schon an diesem Satz kann man erkennen, wie sehr uns Rio de Janeiro gefallen hat. Aber das heißt nicht, dass Rio perfekt ist. Zum einen ist hier wieder die Hitze gepaart mit einer enormen Luftfeuchtigkeit, die weder meinen Haaren noch Christophs Gemüt gut tut. Zum anderen gibt es hier zwar eine U-Bahn, deren Reichweite ist aber sehr übersichtlich. Um anständig von einem Ort zum anderen zu kommen, müsste man den Bus nehmen. Und obwohl Rio de Janeiro eine Millionenstadt ist, herrscht hier dasselbe Problem für Ausländer wie in jedem anderen südamerikanischen Land, egal ob auf dem Land oder in der Stadt. Der eher gewürfelte Zeitplan, die eher als Straßenverzierung genutzten Haltestellen und die zum Zeitvertreib der Fahrer versteckten Schilder, an den man eigentlich erkennen sollte, wohin der Bus überhaupt fährt, kostet allen Touristen sehr viel Zeit, Mühe und vor allen Dingen Geduld, sodass sich diese Plackerei nur in den wenigsten Fällen lohnt. Insbesondere, wenn man wie wir kein Wort Spanisch (oder wie hier Portugiesisch) versteht. Und auch wie in den anderen südamerikanischen Ländern würden wir hier Uber als Fortbewegungsmittel Nummer 1 empfehlen. Es ist günstiger und sicherer als Taxis und die Zeitersparnis gegenüber den öffentlichen Verkehrsmitteln ist eindeutig. 

Aber das sind nur ein paar der kleinen Dinge, über die man sich aber in jeder Stadt ärgert. Denn ansonsten haben wir festgestellt: wie lieben Rio!

Das Zentrum von Rio de Janeiro ist witzigerweise nicht in der Mitte, sondern eher im Norden. Auch hier haben wir mal wieder eine Free Walking Tour mitgemacht und dabei schon gemerkt, wie viel Rio zu bieten hat. Das Theatro Municipal (“Stadttheater”) ist ein wunderschönes Gebäude im französischen Stil und mit dem vielen Blattgold eine wahre Augenweide. Schon ein paar Straßen weiter steht man vor der Treppe von Selarón, voll von Mosaiksteinen aus der ganzen Welt. Das Ganze ist ein Kunstwerk des chilenischen Künstlers Jorge Selarón und auf jeden Fall ein Foto wert! Leider etwas überfüllt, aber wenn man etwas weiter hinauf geht, leeren sich die Stufen etwas (die wenigsten haben keine Lust ganz hinauf zu gehen), was eine Schade ist, denn genau dort gibt einen kleinen Stand mit Caipirinhas für nur 2€!

Etwas weiter befindet sich wohl eine der beeindruckendsten und ungewöhnlichsten Kirchen, die wir bis jetzt gesehen haben. Die Catedral Metropolitana de São Sebastião wurde in Form eines Maya-Tempels aufgebaut, man kann von allen vier Seiten hineingehen und die gigantischen Buntglasfenster bestaunen, die die vier Wesensmerkmale der universalen Kirche (Einheit, Heiligkeit, Katholizität und Apostolizität) symbolisieren sollen und 64 m hoch sind. So etwas hat man noch nicht gesehen.

Das Wissenschaftsmuseum direkt am Hafen ist schon ein modernes Kunstwerk an sich und lässt die Stadt plötzlich jünger erscheinen. Andere architektonisch schön anzusehende Gebäude sind überall in der Innenstadt verteilt und wer so etwas mag, kann gerne einen Tag herumlaufen und die Atmosphäre der Stadt aufsaugen. Die wahren Highlights von Rio de Janeiro befinden sich allerdings woanders.

Wenn man an Rio de Janeiro denkt, fallen einem meistens 3 Dinge ein. Und ihr könnt euch sicher sein, dass wir diese 3 Dinge uns natürlich angeschaut haben. Der Zuckerhut ist ein Berg, der sich direkt an der Küste befindet und von dem man auf ganz Rio de Janeiro hinabblicken kann. Etwas Zeit sollte man allerdings mitbringen. Wir sind absichtlich erst nachmittags hin, um den Menschenmassen zu entgehen, hatten aber nur bescheiden Erfolg. Schneller wäre es bei einem Online-Ticket gegangen, aber mit dem Bezahlen mithilfe einer Kreditkarte haben wir uns sicherlich eine halbe Stunde Anstehen erspart. Mit einer Seilbahn (nicht so toll für Leute mit Höhenangst wie ich sie habe, aber mit geschlossenen Augen geht das schon) geht es zuerst auf den ersten der Berge, den Morro da Urca (220 m hoch). Schon von dort aus hat man einen wunderschönen Ausblick auf die Hochhäuser, Favelas und Strände, auf alles, was Rio ausmacht. Ein kleiner Rundgang und schon steht man in der zweiten Gondel, die einen nun endgültig zum Zuckerhut bringt. Die Aussicht unterscheidet sich vom ersten Berg jetzt nicht gravierend, was der Schönheit aber keinen Abbruch tut. Runter geht die ganze Prozedur dann natürlich wesentlich schneller und zack steht man wieder auf dem Boden. Lohnen tut sich dieser Ausflug auf jeden Fall!

Die zweite Berühmtheit der Stadt ist natürlich die 38 m große Jesus-Statue. Diese steht auder Spitze des Corcovado Berges, mitten im Tijuca-Nationalpark, der sich ebenfalls mitten in der Metropole befindet. Hochfahren kann man mit dem Auto oder mit einem Zug, der zwar bequem ist und eine gute Sicht nach draußen bietet, aber auch schnell überfüllt ist. Generell sollte man die Statue früh morgens oder am Nachmittag besuchen, da es nicht so stark überfüllt mit Menschen ist. Und die Wahrscheinlichkeit, dass das Wetter gut und die Aussicht ungehindert ist, ist wesentlich größer. Wir haben uns für morgens entschieden, haben gute Plätze in der Bahn bekommen und die Menschenmasse war noch überschaubar (es wurde aber von Minute zu Minute voller). Bei diesen Mengen an Menschen ist es etwas schwerer, ein gutes Foto von der  Statue und einem selber zu bekommen, ohne dass mindestens 3 andere Menschen auf dem Bild zu finden sind. Ein bisschen Geduld, eher am Rand und bitte nicht direkt vor der Statue stehen (dann ist der Winkel furchtbar und man erkennt die Statue gar nicht) sind unsere “Instagram Tipps” für ein schönes Foto. Die Statue an sich war zwar beeindruckend, verblasste aber etwas im Vergleich zu dem wahnsinnig schönem Ausblick über die gesamte Stadt, dem Zuckerhut und den Stränden. Und obwohl der Eintritt bzw. die Bahnfahrt nicht billig war, lohnt sich das Gedränge der Menschenmenge schon allein der Aussicht wegen.

Wenn man an Brasilien denkt, fallen einem natürlich auch karamellfarbene Haut, knappe Bikinis und knackige Hintern ein. Und wo bekommt man das besser zu sehen als bei den vielen Stränden hier? Und der berühmteste ist natürlich die Copacabana und sie ist zurecht so berühmt. Ein schöner, feiner Sandstrand, blaues, klares Wasser und ein Caipirinha in der Hand – so lässt es sich leben. Und dazu noch günstig, denn nachdem Christoph und ich beim ersten Sonnenbaden erst einmal einen kräftigen Sonnenbrand geholt haben, haben wir uns beim zweiten Mal zwei Liegestühle, einen Sonnenschirm und 4 Caipirinhas gegönnt. Und das nur für insgesamt 20€! Ein wahres Schnäppchen für einen der berühmtesten Strände der Welt. Der Strand in Ipanema befindet sich genau daneben, ist aber durch die etwas stärkeren Wellen eher bei Surfern beliebt. Zudem mangelt es ihm an dem gewissen etwas, das die Copacabana so einzigartig macht… vielleicht die Aussicht auf den Zuckerhut?

 

Bei all diesen paradiesischen Beschreibungen darf man jedoch nicht die Schattenseite Brasiliens außer Acht lassen. In Rio de Janeiro heißt diese dunkle Seite “Favelas”. An den Hügeln am Rande der Großstadt haben sich ganze Siedlungen aus verwinkelten Gassen und kleinen, kurz vor dem Einstürzen, bunte Häuschen angesammelt. Über 200.000 Menschen wohnen hier, obwohl das nur eine grobe Schätzung ist, denn nachzählen kann man nicht, da diese Wohnsiedlungen keine Adressen haben. Und ohne Adresse kann man sich auch nirgendwo anmelden, auch nicht beim Finanzamt und so sind die Bewohner der Favelas, die einzigen Bürger, die keine Steuern zahlen. Generell muss man die Favelas als eigene Gemeinschaft und Siedlung sehen. Hier kennen die meisten sich und auch wenn die Kriminalität hoch ist, herrschen hier eigene Gesetze. So ist Vergewaltigung keine gute Idee, denn die Gefahr, dass man danach zu Tode geprügelt wird, ist recht hoch. Christoph und ich haben eine geführte Tour durch die Favelas gebucht und obwohl die Führung an sich nicht sehr detailliert war, sollte man die Favelas immer in einer Gruppe besuchen. Und zwar nicht nur wegen der hohen Kriminalitätsrate, sondern allein, um sich nicht zu verlaufen. Eine große Hauptstraße schlängelt sich den Hügel hinab, ansonsten klettert man schmale Treppen hinab, verliert die Orientierung in engen Gassen (wie gesagt, keine Straßenschilder) und muss sich durch dunkle Durchgänge zwängen. In dieser Gegend sollte man keine Wertgegenstände mitnehmen und sich immer genau umschauen, aber ansonsten haben wir uns nicht in Gefahr gesehen, auch der Gruppe wegen. Und obwohl so manche “Bauweise” uns an dem Fakt der Gravitation zweifeln ließ, haben wir keine Wellblechhütten sehen können. Die Favelas an sich sind nicht dreckiger oder lauter als die Innenstadt und haben durch die kleinen Gässchen, bunten Häuser und vielen Menschen ihren eigenen Charme.  

Wenn man mal nachzählt, wie oft ich das Wort “Caipirinha” geschrieben habe, kann man daraus schließen, dass wir dieses Getränk lieben gelernt haben. Denn auch für nicht so Trinkfreudige oder für diejenigen, die den “puren” Caipi nicht so mögen, gibt es zahlreiche, wesentlich süßere Varianten. Von Wassermelone über Erdbeere zu Mango und zurück, auch hier spürt man die Experimentierfreude der Brasilianer wieder. Die Churrascarias wurden auch hier natürlich nicht ausgelassen und zum Abschluss gibt es Açaí, eine Art “shaved Eis”, gemacht aus der Frucht einer bestimmten Palme. Der Geschmack ist außergewöhnlich und leider schwer zu beschreiben, aber besonders in der süßen Variante mit Schokolade und verschiedenen Beeren sehr zu empfehlen. 

Rio de Janeiro hat uns verzaubert und wir lassen uns sicherlich nicht die Gelegenheit entgehen, noch einmal (oder zweimal) hierher zu kommen. Es ist die perfekte Kombination aus Stadt- und Strandurlaub und mit einer immer bestehenden Wahrscheinlichkeit, einen Caipirinha in die Hand zu bekommen, kann sie noch zu viel mehr werden.

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