Sofia

Eine Stadt so schön wie ihr Name

Damit eines gleich mal klargestellt wird: der Name Sofia stammt nicht von der Heiligen Sofia ab, sondern von einer Kirche aus dem 14. Jahrhundert mit dem Namen Sweta Sofia (kann man heute immer noch besichtigen). Sofia gehört zu den ältesten Städten Europas und führte in der Antike den Namen Serdika. Den Beweis dieser altehrwürdigen Geschichte sieht man an vielen Ecken dieser Stadt. Besonders im Stadtzentrum stapeln sich Gebäude mit einer jahrhundertalten Geschichte. Bei dem Bau der U-Bahnstation Serdika wurden Überreste von alten Siedlungen gefunden, die man besichtigen kann. Später wurde uns erzählt, dass die ursprünglichen Ruinen bei den Grabungen zerstört worden sind und man sie nur rekonstruiert habe für die Touristen. Die St. Petka Kirche aus dem 16. Jahrhundert ist jedoch gleich daneben und wie durch ein Wunder noch im Originalzustand. 

Sofia ist einer der wenigen alten Städte, die an keinem Meer liegt und durch die kein Fluss fließt. Doch wie kann sie schon damals so erblühen? Das Zauberwort sind heiße Quellen! Unter der ganzen Stadt befinden sich heiße Quellen, die damals für Trinkwasser und Bäder genutzt wurden. Heutzutage gibt es zwar keine öffentlichen Bäder mehr, aber immer noch Trinkwasserquellen. In der Nähe der Serdika-Station befindet sich eine dieser Quellen mit heißem Wasser und so konnten wir trotz 2°C Außentemperatur warmes, natürliches Wasser trinken.

Ebenfalls an dieser Station befindet sich die Statue der Heiligen Sofia, die 2000 als neues Wahrzeichen enthüllt wurde. Da die Verantwortlichen anscheinend nicht wussten, woher der Name der Stadt eigentlich stammt, musste die Heilige Sofia herhalten. Jedoch wurde die Statue nicht von der Kirche anerkannt, denn für eine Heilige ist die Gute doch etwas zu luftig bekleidet. Trotz all dieser Umstände ist die riesige Säule mittlerweile doch das Symbol für die Stadt. 

Den Platz bei der Station nennen die Einheimischen auch den Platz der Religionen, denn die letzte Moschee, die verbliebene Synagoge und eine der zahlreichen russisch-orthodoxen Kirchen koexistieren hier friedlich nebeneinander, keine 100 m voneinander entfernt. Das spiegelt die Gemeinschaft der Bulgaren sehr gut wider, denn auch im Zweiten Weltkrieg haben sie sich für die Juden stark gemacht und es durch Tricks als einziges Land geschafft, ihre jüdische Bevölkerung vor den Konzentrationslagern zu schützen. Generell waren die Bulgaren nicht sehr erpicht auf Kriege und haben sich durch die Taktik der Verzögerung schon einiges erspart. Das Zuspätkommen ist übrigens eines der herausstechendsten Merkmale der Bulgaren. Wie gesagt, ist der Großteil der Bevölkerung russisch-orthodox und so kann man überall wunderschöne orthodoxe Kirchen bewundern, z.B. die Heilige Paraskeva Kirche, die Kirche “Sveti Nikolay Mirlikiiski” oder die Alexander Nevsky Kirche. Das älteste Bauwerk Sofia’s ist ebenfalls eine Kirche, die Rotunde des Heiligen Georgs aus dem 4. Jahrhundert, bekannt für seine gut erhaltenen Fresken.

Auf dem Platz vor dem doch recht schlichten Palast holten wir uns zum ersten Mal richtige Weihnachtsstimmung. Ein kleiner Weihnachtsmarkt mit heißem Glühwein und leckerem Baumkuchen erinnerte uns mit seinen kleinen Holzhütten mit deutschen Aufschriften (wird von einem deutschen Geschäftsmann finanziert) an Zuhause. Ein riesiger beleuchteter Weihnachtsbaum in der Mitte des Platzes tat sein Übriges. Rund um den Platz findet man gelbe Steine auf den Straßen, die man aber nur in der Altstadt sieht. Teure Steine, die vom König mal wieder durch einen Trick hier verlegt worden sind. Denn eigentlich sind diese Steine superteuer und von den Untertanen bezahlt worden. Aber aufpassen: die Steinoberfläche ist extrem glatt, insbesondere im Winter, und schon so einige haben sich dort ein paar blaue Flecken hinzugezogen. 

Wenn man über die Geschichte von Bulgarien spricht, darf man den Kommunismus nicht außen vor lassen. Besonders die Gebäude weisen auf diesen Teil der Geschichte hin. Der jetzige Sitz des Parlaments war die Zentrale der kommunistischen Partei und obwohl der große, rote Stern abmontiert wurde (er hängt jetzt in einem Museum), erkennt man das riesige Gebäude sofort. Auch der Nationale Kulturpalast ist ein Relikt aus den 80er Jahren, obwohl er heutzutage immer noch für den gleichen Zweck verwendet wird. Aber auch hier findet man einige Gruselgeschichten über die Zeiten des Kommunismus. Bulgarien ging es zum Glück nicht ganz so schlecht, wie anderen Staaten, denn immerhin mussten die Menschen in Bulgarien nicht hungern. Das wohl den Kommunismus am besten widerspiegelnde Gebäude ist das ZUM, ein Einkaufszentrum aus den 50er Jahren. Heute steht es fast leer, aber die wunderschönen Dekors und die hier fast fühlbaren Geschichten bleiben. 

Dass der Kommunismus auch etwas Spaß machen kann, haben Christoph und ich bei der Fahrt in einem Trabi festgestellt. Heutzutage findet man nur noch wenige Exemplare des Trabant, aber bei einer Führung konnte man in diesem Auto mitfahren und später auch Fotos machen. Alt und klapprig beschreibt das Auto nicht in seiner merkwürdigen Ganzheit, aber es ist ein Anfang. Man hat das Gefühl, dass vieles an diesem Auto eher improvisiert wurde und ob das Auto selbst in den 1970er Jahren als sicher einzustufen war, ist fraglich. Aber das Klappern, das Scheppern und der laute Motor haben der Fahrt auch etwas ganz Besonderes verliehen. Ein Erlebnis, das man definitiv mal ausprobiert haben sollte. 

Wusstet ihr, dass Bulgarien mal der 5. größte Weinproduzent der Welt war? Heute wird der Weinbau nicht mehr subventioniert, daher gibt es immer weniger Weinbauern. Das macht den Wein, den sie produzieren, aber nicht schlechter. Im Gegenteil, auch hier erhalten alte Sorten wieder neuen Auftrieb und immer mehr Weinbauern entdecken die ökologische und biologische Landwirtschaft für sich. Und das schmeckt man! Scheut euch nicht davor, bulgarischen Wein zu trinken. Auch das Essen hier ist wieder ein (Fleisch-) Genuss. 

Was kaum jemand weiß, wurde in Bulgarien das kyrillische Alphabet erfunden. Danke dafür 😑 Denn nun können alle Menschen, die kyrillisch nicht lesen können, nur raten, was auf den Straßenschildern, Speisekarten oder Verpackungen steht. Bis dahin konnten wir uns dank Google Translate noch irgendwie durchmogeln, aber wenn man keine kyrillische Tastatur auf dem Handy hat, wird das schwer. Wer auf irgendetwas allergisch ist, sollte also unbedingt ein kyrillisches Wörterbuch mitbringen. 

Obwohl uns Sofia insgesamt ganz gut gefallen hat, gibt es natürlich auch hier enttäuschende Ecken. Der Women’s Market zum Beispiel sah überhaupt nicht aus wie auf den Bildern und war ziemlich langweilig. Den Abstecher dorthin hätten wir uns sparen können. Egal, wohin man gegangen ist, die grauen Betonbauten verfolgten einen und so unebenen Fußwege waren kleine Stolperfallen. Wer sich den Balkan anschauen möchte, der sollte auf jeden Fall einen Abstecher in Sofia machen. Eine schöne, gemütliche Stadt mit einer sehr interessanten Geschichte.

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