Die Lebensfrohen

Zugfahrt durch Kanada

- Mäßig und Müßig

Kanada ist das zweitgrößte Land der Welt und hat dennoch nur 40 Millionen Einwohner. Das bedeutet eine Menge an unbenutzter Landfläche, ein Paradies der Natur, denn viele Landstriche wurden noch nicht von Menschen zerstört. Kanada ist bekannt für seine dichten Wälder, sauberes Wasser (und dennoch kommt nur chloriertes Wasser aus dem Hahn) und klare Luft. Dieses Traumziel von Naturliebhabern wollten Christoph und ich uns natürlich ebenfalls nicht entgehen lassen. Doch wie erkundet man ein Land, das so riesig ist? Es gibt keinen Fluss, der einmal durch ganz Kanada fließt, also fällt eine Bootstour weg. Erst einige Wochen zuvor hatten Christoph und ich eine Rundreise in den USA mit dem Auto unternommen und wollten uns das ehrlicherweise nicht so schnell wieder antun. Das Auto kam somit auch nicht in Frage. Wie wäre es also mal mit einem Zug? Vor einigen Jahren ist meine Tante mit dem Zug durch Kanada gefahren und hat so davon geschwärmt, dass mir die Idee davon im Gedächtnis geblieben ist.

Via Rail Canada Zugstrecke

Die Zugstrecke führt von Vancouver nach Toronto (oder andersherum), ist 4500 km lang und dauert 4 Tage und 4 Nächte. Von Vancouver fährt der Zug erst einmal etwas nördlich nach Jasper und Edmonton und hält auf halber Strecke in Winnipeg, bevor er den Bundesstaat Ontario durchquert und sein Ziel in Toronto erreicht. Man kann bei all den zahlreichen Stopps aus- und zusteigen. Die Wagons sind in die Prestige-Klasse, die Sleeper Plus und die Economy-Klasse aufgeteilt, wobei die Sleeper Plus der Business Class und die Prestige der First Class in Flugzeugen entsprechen würden. Beide haben ein eigenes Schlafabteil und man bekommt im Speisewagen drei Mahlzeiten am Tag zu essen. In der “Holzklasse” gibt es nur Sitze und man kann nur Snacks kaufen, für die restlichen Mahlzeiten muss man selber sorgen. Christoph und ich haben uns dennoch für die Economy-Klasse entschieden (ich weiß, das entspricht nicht unserem Wesen ;P). Und das aus zwei Gründen: Erstens fanden wir die Preise echt unverschämt, Economy war schon teuer, leider auch einfach der Saison geschuldet, aber die Schlafwagen hätten so viel wie ein Luxusurlaub auf einer tropischen Insel gekostet. Zweitens wollten wir nicht die gesamte Strecke nach Toronto fahren, sondern nur nach Winnipeg reisen. Vier Tage lang in einem Zug gefangen zu sein, hält eine gewisse Biene namens C. nämlich nicht aus, da sie Hummeln im Hintern hat und sich ständig bewegen muss. Die zwei Nächte / drei Tage lange Fahrt hat für zwei Personen auf frei wählbaren Economy-Sitzen über $700 gekostet. Da kann ja nicht einmal die Deutsche Bahn mithalten. Wer übrigens dennoch diese Zugreise machen möchte, sollte sich rechtzeitig darüber informieren, denn die Tickets (besonders für die Schlafwagen) können sehr schnell weg sein. Am Besten schon fast ein Jahr vorher reservieren!

Einsteigen tut man am Bahnhof von Vancouver, wo einem das große Gepäck zum Glück abgenommen wird und man sich dann auf zu seinem Sitzplatz macht. Die Sitze sind recht groß und für diese Verhältnisse gemütlich. Sie sind auf jeden Fall tausendmal besser als die winzig kleinen Flugzeugsitze in der Economy. Die Fenster sind riesig und zum Glück gut geputzt. Vom Personal haben wir nur wenig gesehen, die waren anscheinend mit den wichtigeren Gästen beschäftigt. Und dann ging es auch schon los. Raus aus der Großstadt und entlang von Feldern, Wiesen, Kleinstädten, Wäldern und manchmal sogar Seen. Und ab hier kam das Highlight der Reise zum Einsatz. “The Canadian”, wie der Zug liebevoll heißt, ist nämlich besonders bekannt für seine Zugabteile mit Glasdach. Die obere Etage eines solchen Wagens ist mit einer Glaskuppel überspannt und bietet einen großartigen Panoramablick auf die Umgebung. Alle Klassen haben natürlich ihren eigenen “gläsernen” Wagons und so hat man zum Glück immer einen Sitzplatz gefunden. Besonders der Sonnenuntergang und dann die Sterne am Nachthimmel waren wunderschön anzusehen.

Jeder muss sich natürlich ein eigenes Bild machen, aber wir müssen sagen, dass dieser Abschnitt unserer Reise uns nicht sonderlich gefallen hat. Dafür hatte es einfach zu viele Nachteile. Ja, die Landschaft ist ganz hübsch, aber spätestens am Abend des zweiten Tages wiederholt sie sich doch. Man sollte auf jeden Fall Bücher, Musik, Spiele oder Filme mitnehmen, damit man vor Langeweile nicht stirbt. Ein großes Problem war, dass der Zug ständig anhielt. Und zwar nicht nur an den ausgewiesenen Haltestellen, sondern auch mitten auf der Strecke, wo man nicht aussteigen konnte. Dort hielt er oft bis zu einer halben Stunde an, um entgegenkommende Züge vorbeizulassen (als ob das Land nicht breit genug wäre, um zwei Gleise nebeneinander zu bauen). Es war ein einziges Stop and Go, und zerrte extrem an den Nerven. Durch das ständige Anhalten kam es auch zu einer Verzögerung, wir kamen in Winnipeg schlussendlich ca. 3 Stunden zu spät an.

Wirklich aussteigen konnte man nur an den geplanten Haltestellen, aber nur an einer reichte die Zeit wirklich aus (ca. 1 Stunde), um sich die Beine ordentlich vertreten zu können und die Hauptstraße (mehr gab es dort auch nicht) einmal auf und ab zu wandern. Wichtig aber, um seinen Vorrat aufzufüllen, denn die Snacks im Zug bestanden nur aus Fertignudelsuppe und Chips. Man sollte vorher also genügend Sandwiches, Kekse, Obst und Getränke einkaufen, damit man nicht plötzlich zwischen Saskatoon und Winnipeg verhungert. Eigentlich ist im Zug Alkohol verboten (außer natürlich im schicken Essenswagon), aber Christoph und ich waren böse und haben etwas reingeschmuggelt und mit Saft gemixt. Ganz ehrlich, das war aber auch nötig, machte es die Zugfahrt doch etwas lustiger. Zudem half es beim Schlafen. Wie gesagt, waren die Sitze nicht schlecht und man bekam Kissen und Decken gestellt, aber das änderte nichts daran, dass man in einem Sitz schlafen musste. Für zwei Nächte hielten wir es aus, aber wir waren doch sehr heilfroh, als wir wieder in einem richtigen Bett schlafen konnten.

Ich glaube, ich muss nicht um den heißen Brei herumreden und sage, dass wir diese Zugfahrt nicht noch einmal machen werden. Ja, die Landschaft ist wunderschön, unbestreitbar, aber die kann man auch genießen (wahrscheinlich sogar wesentlich besser), wenn man mit einem Auto fährt, einen Tagesausflug bucht oder einfach selbst wandern geht. Im Zug ist die Bewegungsfreiheit einfach enorm eingeschränkt und nach einiger Zeit wird selbst diese Landschaft zu einer von vielen. Wie vorher betont, hat besonders das ständige Anhalten an unseren Nerven gezerrt und war dann sogar oft an einer Stelle, wo die Landschaft aus einer einzigen Wiese bestand. Der Rundumblick vom Panoramawagen war zwar toll, aber ein Tag mit diesem Zug hätte auch ausgereicht, aber bitte nicht zu diesem Preis. Ich weiß nicht, ob sich unsere Meinung über den Zug ändern würde, wenn wir ein Schlafabteil gehabt hätten. Natürlich wäre der Komfort ein ganz anderer gewesen, aber es hätte ja nichts daran geändert, dass man in diesem Zug eingepfercht wäre und nicht raus kann. Sinnvoll wäre diese Strecke nur, wenn man an jeder Haltestelle aussteigen würde und genug Zeit hätte, um die Gegend zu erkunden. Aber dann kann man auch mit einem normalen Zug fahren und seine Reise individuell gestalten.

Dennoch sind wir der Meinung, dass jeder sich ein eigenes Bild machen sollte und für Menschen die Natur lieben und gerne mit dem Zug reisen, wäre es wahrscheinlich genau das Richtige. Für genau diese Menschen habe ich noch einen Tipp: ihr solltet nicht die gesamte Strecke reisen, nur von Vancouver nach Winnipeg oder andersherum. Wir können zwar nicht aus persönlicher Erfahrung sprechen, aber wir haben uns natürlich vor der Reise genauestens informiert und einige Erfahrungsberichte gelesen. Laut denen ist der zweite Abschnitt der Strecke von der Landschaft her wesentlich uninteressanter und das Personal wechselt auf diesem Streckenabschnitt und diese Crew ist dann wohl wesentlich unfreundlicher. Überlegt es euch genau, informiert euch gründlich und bucht vor allen Dingen rechtzeitig, damit ihr genau das bekommt, was ihr euch wünscht.

Vancouver

Vancouver – Kanada, wie grün sind deine Blätter Eigentlich hatten wir noch eine Station zwischen San Francisco und Vancouver, aber sobald wir in Seattle ankamen,

Read More »

Toronto

Toronto – If you need me you can always call Am anderen Ende von Kanada, an der Ostküste, liegt eine kleine Stadt namens Toronto und

Read More »